Der rechte Mob

Die „Republikaner“ und das Entsetzen  ■ K O M M E N T A R

Die Krokodilstränen kullerten in Strömen, und eine Orgie des Entsetzens und der Schocksyndrome brach hervor. Über Nacht war ein rechtsradikales Virus über die Stadt hergefallen und hatte weite Teile der Bevölkerung infiziert. Wie konnte das nur passieren?

Das Entsetzen über den Wahlsieg der „Republikaner“ ist verlogen. Es gibt auch kein neues, sensationelles Phänomen zu beschreiben, sondern nur die - nun auch in Wählerprozenten sichtbar gewordene - Außenseite des rechten Mobs in dieser Stadt. Berlin hat seine Fratze gezeigt, schreibt Thomas Brasch. Was bisher in der CDU vor sich hinge(sch)lummert hat, ist endlich aus dem Halbdunkel ins Licht getreten. Was an Fremdenhaß und Saubermannphantasien in den Eckkneipen täglich begossen wird und sich nachts als Gegröhle in den Neuköllner Straßen verliert, erhielt in grauen Balken auf den Bildern der Wahlcomputer Kontur. Der Schleier ist weg.

So lange der rechte Mob nur an den Stammtischen Politik machte, hat er niemanden gestört. So lange sprach man von guten Demokraten und verläßlichen Wählern. Noch am Wahlsamstag versuchte Lummer in einer 'Bild'-Anzeige mit ausschließlich taktischen Argumenten („Was nützt es Berlin, wenn die Republikaner drei Prozent kriegen?“) die Rechtsradikalen in der CDU zu sammeln. Hätten dieselben Wähler mit derselben Gesinnung und denselben Hoffnungen auf Ausländerabschiebung und Alle-Demonstranten-kurz-und-klein -Hauen CDU gewählt, alles wäre in bester Ordnung. Nur: Der geistige Zustand dieser Stadt wäre kein anderer. Man muß den „Republikanern“ dankbar sein. Sie sprechen offen aus, was der rechte Rand in der Union denkt und - was er tut. Franz Schönhuber ist Heinrich Lummer.

Manfred Kriener