Schwedisches Modell für den Pott?

Ruhrgebietskonferenz diskutiert über alternative Entwicklungsstrategien / Stahl und Kohle sind endgültig out / Neue Arbeitsplätze durch Altlasten-Sanierung und erneuerbare Energieformen  ■  Aus Oberhausen S.Strubelt

Wird der alte Kohlenpott zum „Müllklo der Nation“? Ob es auch andere Perspektiven für das krisengeschüttelte Ballungsgebiet als die massenhafte Stationierung von Sondermüllverbrennungsanlagen gibt, darüber diskutierten am Sonntag auf der zweiten Ruhrgebietskonferenz in Oberhausen 400 VertreterInnen der Grünen und der DKP, aus Gewerkschaften, der Frauenbewegung und den Universitäten.

Daß auf Stahl und Kohle längerfristig nicht gesetzt werden kann, war unumstritten. Der Strukturwandel sei notwendig, solle aber, so das Fazit des Forums Industrie- und Regionalpolitik, nach dem „schwedischen Modell“ sozialverträglich gestaltet werden. Das erfordere ein langsames Tempo und eine offene und frühzeitige Informationspolitik der Konzerne über ihre Stillegungspläne, damit durch Umschulungsmaßnahmen und Industrie -Neuansiedlungen eine „Umsetzung“ der ArbeitnehmerInnen garantiert werden könne.

Wo sie dann aber weiterbeschäftigt werden sollten, dazu konnte die Konferenz nur erste Denkanstöße liefern. Bei einer Dezentralisierung und Rekommunalisierung der Energiewirtschaft, analysierte das Forum Energiepolitik, könnte durch verstärkten Einsatz von Fernwärme und erneuerbarer Energietechniken nicht nur umweltverträglicher geheizt werden, es würden auch zahlreiche Arbeitsplätze geschaffen. Auch die anwohnerfreundliche Sanierung der mit Altlasten verseuchten Böden würde, so ein Diskussionspapier der Grünen, positive Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben.

Hermann Bömer von der Universität Dortmund erklärte, es sei auf jeden Fall ein Anwachsen des Dienstleistungssektors zu erwarten. Er warnte aber vor einer „Amerikanisierung des tertiären Sektors“, also einer Zunahme der ungeschützten Arbeitsverhältnisse von Hausangestellten und ähnlichen privaten Diensten.

Statt dessen forderte er eine Beschäftigung von Arbeitslosen im sozialen und ökologischen Dienstleistungsbereich. Arne Schumacher, Geschäftsführer der Gewerkschaft HBV Ruhr Mitte, stellte indes fest, daß bisher trotz Krise zum Beispiel in Essen kein Anwachsen des tertiären Sektors zu verzeichnen gewesen sei. Zur gerechteren Verteilung der immer geringeren Arbeit müsse man deshalb die 30-Stunden-Woche ins Auge fassen.