Eine Stadt demaskiert sich

■ 7,5 Prozent für die "Republikaner": Die WählerInnen haben zurückgelummert

Der späte Appell von Heinrich Lummer half auch nichts mehr. Am Vortag des Wahlsonntags hatte der CDU-Rechte und ehemalige Innensenator, der sein Amt Mitte der achtziger Jahre wegen früherer Kontakte zur NPD verlassen mußte, noch ein paar Anzeigen in Berliner Zeitungen schalten lassen. Tenor: Die „wertkonservativen Wähler“ seien bei der CDU gut aufgehoben, jede Stimme für die „Republikaner“ sei eine Stimme für das rot-grüne Chaos.

Zwischen 8.00 Uhr morgens und 18.00 Uhr abends des folgenden Tages wurde dann von 120.000 BerlinerInnen zurückgelummert. Die Partei, die keinen intensiven Wahlkampf führte und nach eigenen Angaben gerade mal 300 Mitglieder in der „Mauerstadt“ hat, zieht mit elf Abgeordneten ins Parlament ein.

Gegründet wurde der Berliner Ableger im Herbst 1987. Sein Erscheinen auf dem politischen Parkett hängt eng mit der damaligen innerparteilichen Krise der CDU zusammen: War die rechtsextreme Klientel der CDU ohnehin schon über die angeblich „lasche“ Ausländerpolitik des CDU-FDP-Senats verbittert, kam nun noch ein Tiefschlag in Sachen Deutschlandpolitik dazu: Eberhard Diepgen plante im Rahmen der 750-Jahrfeier eine offizielle Reise in den „Ostteil der Stadt“, Gespräche mit Honecker inbegriffen. Für 50 Christdemokraten - darunter Landesfunktionäre der Jungen Union sowie der Schülerunion und mehrere CDU-Parlamentarier

-ein übler Affront. Sie verließen die Partei und traten geschlossen in die neue Rechtspartei über.

Zum Krach bei den „Republikanern“ kam es im Sommer des letzten Jahres. Der damalige Landesvorstand - ältere Semester aus dem reaktionären Berliner Bildungsbürgertum wurde von einer jungen, agilen Truppe abgelöst, weil die Alt -REPs einer Kandidatur für das Abgeordnetenhaus nicht zustimmen wollten. Zum neuen Landesvorsitzenden wurde der Polizeiobermeister Bernhard Andres (37) gewählt, dem der 25jährige Ex-CDUler Carsten Pagel sekundiert. Zum Landesgeschäftsführer wurde der frühere NPD-Aktivist Rudolf Kendzia bestellt.

Drei Namen, drei Nachrichten: Andres steht für die geschundene Berliner Polizei, die von bösen Autonomen immer Steine an den Kopf geworfen bekommt und von der politischen Führung „im Stich gelassen“ wird. Pagel für die enttäuschten „Wende-Wähler“ und Kendzia für die rechtsextremen Wähler, die bisher nicht zum Zuge kamen, weil die NPD in Berlin nicht zur Wahl zugelassen ist. Informationen der sozialdemokratischen Polizeizeitung 'Hundertzehn‘ zufolge sollen ganze Einheiten der Berliner Polizei - quasi als kollektiver Racheakt - für die „Republikaner“ gestimmt haben. Die dritte Wählergruppe schließlich sind diejenigen, die eigentlich NPD wählen würden. Sie folgten jetzt dem Slogan: „Man kann wieder wählen - Republikaner!“

Doch einer der größten Wahlhelfer der „Republikaner“ war die Wohnungs- und Beschäftigungspolitik des Senats. Vor allem in den Berliner Betonwüsten Gropiusstadt und Märkisches Viertel, in Gegenden mit hohem Ausländeranteil wie Kreuzberg und Neukölln, aber auch in traditionell sozialdemokratischen Arbeiter-Wahlkreisen wie im Wedding sahnten die neuen Rechten ab. Verbitterung über zu hohe Mieten und fehlende Wohnalternativen trieben ihnen die Stimmen zu.

„Die Aussiedler und die Asylanten nehmen uns die Wohnungen und die Arbeitsplätze weg!“ war in den Tagen vor der Wahl in jeder Berliner Eckkneipe zu hören. „Unsere Arbeitslosigkeit ist deshalb so hoch, weil es in Berlin zu viele ausländische Arbeitnehmer, zumeist Türken, gibt. 91.000 ausländische Arbeitnehmer stehen 97.000 Arbeitslosen gegenüber“, hieß es, passend dazu, im Einladungsschreiben zum Gründungsparteitag der „Republikaner“. Neben solchen Milchmädchenrechnungen tauchten aber auch Begriffe wie „Volksgemeinschaft“ und „ökologischer Lebensraum“ auf. 25 Prozent des Wahlvolkes hatte sich bis zur Öffnung der Wahllokale noch für keine Partei entschieden - ein Großteil kreuzte schließlich in der Wahlkabine die rechtsradikale Protestpartei an.

Bekanntgeworden sind die „Republikaner“ in Berlin nicht einmal aus eigener Kraft. Keine Veranstaltung, die nicht gestört wurde, kaum ein Info-Stand, der nicht von Antifaschisten umringt war. Was auf die REPs aufmerksam machte, waren die Auseinandersetzungen um ihr Auftreten: Der SFB weigerte sich, einen ausländerfeindlichen Wahlspot zu senden, verlor aber vor Gericht. Bei ihrer zentralen Wahlkampfveranstaltung im Internationalen Congress Centrum kam es zu Straßenschlachten vor dem Kongreßgebäude. Die Rechnung „Any news are good news“ ging auf.

CC Malzahn