Volkszählungs-Boykott nicht kostenlos

■ Nach der Volkszählung will der Innensenator von rund 300 BremerInnen Bares sehen / Je 75 Mark Gerichtskosten aus Bremens Kasse oder aus den Taschen der BoykotteurInnen

Gleich serienweise verschickte das Bremer Verwaltungsgericht (VG) in diesen Tagen vierseitige Briefe an diejenigen, die im letzten Jahr mit der Volkszählung nicht einverstanden waren, einen Heranziehungsbeschied bekamen, beim Statistischen Landesamt (StaLa) Widerspruch gegen die Auskunftspflicht eingelegt hatten und zur Sicherheit beim VG einen „Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung“ gestellt hatten. Zur Erinnerung: Der Widerspruch beim StaLa entband nicht von der sofortigen Auskunftspflicht. Gesetzlich gesehen mußten BoykotteurInnen trotz laufenden Widerspruchsverfahrens erst mal ausfüllen, bis der Fall entschieden war. Nur mit genehmigter „aufschiebender Wirkung“ wären die noch Ungezählten juristisch in der Lage gewesen, die Bögen unausgefüllt beiseite zu lassen.

Das alles ist lange her. Die Volkszählung wurde für beendet erklärt, die Daten dem Meldere

gister entnommen, die Heranziehungsbescheide als erledigt betrachtet. Das StaLa seinerseits erklärte, sowohl auf die Auskünfte als auch auf Kosten oder Gebühren für die Widersprüche zu verzichten. Wer aber ein verwaltungsgerichtliches Verfahren angestrengt hatte, den hat die Verwaltung noch am Wickel.

„Es wird beantragt, dem Antragsteller (also den BoykotteurInnen, d. Red.) die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen“, schrieb der Senator für Inneres an das VG, und die RichterInnen haben nun „nach billigem Ermessen“ zu prüfen, wer die 75 Mark Gerichtskosten tragen muß: die Freie Hansestadt Bremen oder die BoykotteurInnen. Es spielt keine Rolle, daß sich alles längst erledigt hat. „Wer ein Gericht in Anspruch nimmt, tut das ja nicht umsonst“, erklärte gegenüber der taz die vorsitzende Verwaltungs-Richterin Brigitte Dreger. Weil die Klage so gut wie sicher abgewiesen würde, hat es wenig Sinn,

pro forma doch noch einen Beschluß durchfechten zu wollen. Aber weil es sich sinnigerweise um „Eilverfahren“ handelte, hilft die „verfahrensbeendende Erklärung“, also die Feststellung, daß das Ganze als erledigt betrachtet werden kann, zwar, die Sache abzuschließen und gerichtstechnisch zu vereinfachen, nicht aber, Geld zu sparen.

Im Laufe des Februar werden drei VG-RichterInnen entscheiden, welche Partei blechen muß. Dabei werden die Prozeßaussichten geprüft, falls es zu einem Verfahren gekommen wäre. Und in anderen Bundesländern gibt es keine Entscheidungen'die in letzter Instanz für die aufschiebende Wirkung gesprochen hätten. Der Innensenator findet das völlig in Ordnung, denn weil in Bremen auf Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung der Auskunftspflicht verzichtet wurde, sei „die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes“ überhaupt nicht berührt. S.P