Momper: SPD will „politische Wende“

■ Landesvorstand der will Wahlrecht für Ausländer und Landesmietengesetz / Acht-Punkte-Erklärung der SPD weist Übereinstimmungen mit AL-Positionen auf / Orlowsky will Bausenator werden: „Modell Kreuzberg vorbildlich“

Der überraschende Wahlsieger Walter Momper hat auch zwei Tage nach der Wahl noch den Eindruck zu erwecken versucht, er sei gegenüber CDU und AL gleich aufgeschlossen für Koalitionsverhandlungen. Die Erklärung, die der SPD -Landesvorstand jedoch gestern abend verabschiedete, weist deutlich auf in die Richtung AL. Momper will auf jeden Fall regierender Bürgermeister werden, beteuerte er, und seine Partei wolle nun endlich die „politische Wende“ in Berlin durchsetzen.

Kritik äußerte der regierungswillige SPD-Chef gestern nur an der CDU. Die Sachforderungen, die Eberhard Diepgen am gleichen Tag genannt hatte, liessen „weder den Willen zur Umkehr noch die Fähigkeit zur politischen Einsicht erkennen und schaffen keine guten Voraussetzungen für erfolgreiche Gespräche.“

Daß er auf gar keinen Fall eine Koalition mit der AL eingehen werde, habe er so nicht gesagt, erklärte er auf die drängenden Nachfrage der JournalistInnen. Eine Koalition mit der AL käme für ihn dann in Frage, wenn es genügend Übereinstimmung gebe. Die drei Punkte, die Walter Momper stets als Hindernis für ein Zusammengehen mit der AL genannt hatte - deren Haltung zur Gewalt, zur Rechtseinheit mit dem Bund und zu den Alliierten -, wollte er gestern ausdrücklich nicht als „Essentials“ verstanden wissen.

Verhandlungen „über die Voraussetzungen für die Bildung eines handlungsfähigen Senats“ will Momper mit der CDU und der AL und so schnell wie möglich führen. Die Positionspapiere, die die Grundlage für die Verhandlungen sein sollen, will er heute vorstellen. Darüber, wer von SPD -Seite aus mit den beiden Parteien verhandeln wird, entscheidet ebenfalls heute der Geschäftsführende Landesvorstand der SPD.

Der Landesvorstand der SPD hatte bei seiner Sitzung am Montagabend bereits einstimmig eine Entschließung verabschiedet, die andeutet, worüber Walter Momper mit den Parteispitzen reden will. Einige der acht Sachaussagen dürften der CDU Kopfschmerzen bereiten, während sie große Übereinstimmung mit Positionen aufweisen, die die AL am Montag vorgelegt hatte.

Die CDU wird mit der Forderung nach einem kommunalen Wahlrecht für Ausländer sowie mit dem Vorschlag einer grundlegenen Reform des Landesamts für Verfassugnsschutzes kaum einverstanden sein. In dem Papier des Landesvorstands steht an erster Stelle die Überwindung der Wohnungsnot. Dafür möchte die SPD u.a. ein Landesmietengesetz einführen. Zweiter Punkt ist die Rücknahme der Gesundheitsreform, gefolgt von der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und der Änderung des Flächennutzungsplans. Vor allen Dingen will die Partei eine „neue, eine demokratische, soziale und ökologische Stadtpolitik“ durchsetzen.

Die AL hatte ebenfalls von einem Landesmietengesetz gesprochen und den Mietpreisstopp an Platz 1 ihres Forderungskatalogs gesetzt. Sie forderte außerdem ebenfalls die Aufhebung des Flächennutzungsplans, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Mit der Forderung nach Abschaffung des Verfassungsschutzes wird sie sich wohl kaum mit den Genossen einigen können.

Für einen künftigen rot-grünen Senat haben sich schon zwei Interessenten gemeldet. Der stellvertretende Landesvorsitzende Norbert Meisner, der eigentlich ins Europarlament sollte, hatte sich schon am Wahlabend für eine Zusammenarbeit mit der Alternativen Liste ausgesprochen. Er möchte nun auf jeden Fall Umweltsenator werden. Der scheidende Kreuzberger Baustadtrat Orlowsky, erklärte gegenüber der taz, er stehe als Bausenator zur Verfügung. Wenn die SPD den Umweltposten wolle, dann müsse an die AL ein anderer wichtiger Posten für die Stadtpolitik fallen.

In den meisten Bezirken, in denen SPD und AL erhebliche Stimmengewinne erzielen konnten, wird die rot-grüne Kooperation auf pragmatischer Ebene sowieso erfolgen, schätzten SPD-und AL-Kommunalpolitiker gestern ein. Werner Orlowsky sieht das „Modell Kreuzberg“ als vorbildlich für ein rot-grünes Bündnis.

RiHe