Immigranten-betr.: Experisierung zur "Ausländerproblematik"

betr.: Expertisierung zur „Ausländerproblematik“

(...) Ich erlebe es hier sehr oft, daß ein paar selbsternannte Ausländer-, Asylanten-, Aussiedler-, und Dritte-Welt-ExpertInnen sich in der Öffentlichkeit oder hinter verschlossenen Türen treffen und stundenlang über die angeblichen Probleme der AusländerInnen, AsylantInnen, AussiedlerInnen und der Länder der sogenannten Dritten Welt diskutieren. Aber was mich verwundert ist, daß solche Diskussionen immer ohne aktive Partizipation der Betroffenen selbst stattfinden. (...)

Ich stelle fest, daß, wenn die von mir schon erwähnten ExpertInnen sich treffen, eine Reihe von Wissen (technical know-how) vorgetragen wird, aber kein Wort fällt über Ursache und Bekämpfung. Es wurde immer nur über die zahlreichen Symptome geredet. In der Öffentlichkeit zeigen sie sich als sehr brave und engagierte „ExpertInnen“ für die sogenannten Ausländer, Asylanten- und Aussiedlerprobleme, aber hinter verschlossenen Türen sitzen sie mit den regierenden Parteien zusammen am großen „Conferene table“ und überlegen sich sehr schnell, wie sie zum Beispiel das Asylrecht verschärfen können (sogar, wenn das eine Grundgesetzänderung erfordern würde). Also, draußen singen sie sehr laut die Hymne des Internationalismus - Europäische Gemeinschaft und „Binnenmarkt“ -, aber zu Hause schließen sie fest alle Türen vor dem Interkulturalismus. Es werden eifrig alle Maßnahmen unternommen, um das Leben vieler, vieler ImmigrantInnen in der BRD auf Dauer zu beeinträchtigen. (...)

Ferner stelle ich fest, daß bei jeder öffentlichen Diskussion um verschiedene hier lebende kulturelle Minderheiten den sogenannten ExpertInnen die sehr wichtige und notwendige gesellschaftliche Erkenntnis fehlt: daß die BRD eine de-facto multikulturelle Gesellschaft geworden ist. Besser gesagt: sie wollen es nicht wahrhaben. Meiner Meinung nach ist die Akzeptanz dieser Tatsache die primäre Voraussetzung für den Einstieg in aktuelle und zukünftige immigranten-, asylanten- und aussiedlerpolitische Diskussionen. Jede immigrantenpolitische Diskussion oder jedes Programm, die diese Tatsache vernachlässigen, sind meines Erachtens nur eine Verschleierung gesellschaftlicher Realität und Verewigung der deutschen nationalen Besonderheit. Das heißt bisherige immigrantenpolitische Diskussionen und Programme müssen, wegen der aktuellen und zukünftigen gesellschaftlichen Realität, in Frage gestellt werden, und neue Kurse müssen sich in Gang setzen. (...)

Menschenrechtsverletzung ist es auch, wenn ein „hochzivilisiertes demokratisches Industrieland“ gesellschaftliche und wirtschaftliche Politik betreibt, die dazu beiträgt, daß a) AsylantInnen ihr Menschenrecht auf Arbeit verlieren, b) Millionen ImmigrantInnen hier leben und arbeiten und Steuern bezahlen, ihnen aber das Menschenrecht auf Gleichberechtigung verweigert wird, das sie nicht einmal in der Kommune, in der sie leben und für die sie arbeiten, Wahlrecht haben, c) die Entwicklung der politischen und wirtschaftlichen Selbständigkeit der Länder der „Dritten Welt“ verhindert wird und Millionen Menschen zu Armut, Hungersnot und Asylsuche gedrängt werden.

(...) Was wir brauchen angesichts der herrschenden Immigrantenpolitik ist eine kritische immigrantenpolitische Diskussion (mit der aktuellen und zukünftigen gesellschaftlichen Realität im Vordergrund), die uns zur Herstellung der Gleichberechtigung verschiedener kultureller und ethnischer Gruppen innerhalb der BRD-Gesellschaft führen kann (equal rights and justice, we need!), denn das friedliche Zusammenleben mit Menschen aus anderen Kulturen ist immer eine gute Chance zur Erweiterung des eigenen Horizonts - oder wie wie KPF es zum Ausdruck bringt: „Auseinandersetzung mit anderen Kulturen macht die eigene kulturelle Herkunft verständlicher.“

Paul Marcus Ababio Mesre-Nyame, Bielefeld 1