Ortega kämpft gegen Reagans Erbe

Der nicaraguanische Präsident bilanziert acht Jahre US-Aggression und kündigt neue Maßnahmen gegen die Hyperinflation an / Entlassungen im Staatsapparat sowie ein Stopp bei der Landverteilung geplant  ■  Aus Managua Thomas Schmid

Genau zehn Tage nachdem die Sandinisten den Abtritt Reagans mit Kundgebungen, Musik und Tanz gefeiert haben, benannte Präsident Daniel Ortega am Montag den neuen Feind Nummer eins. „Wie wir die terroristische Politik der Vereinigten Staaten besiegt haben“, verkündete er in einer zweieinhalbstündigen Rede vor dem Parlament, „so werden wir auch die Inflation besiegen.“ 29.113 Tote, bilanzierte Ortega in olivgrüner Uniform, habe die US-Aggression während der achtjährigen Amtszeit Reagans sein Land gekostet - auf die Bevölkerung der USA hochgerechnet seien das über zwei Millionen Einwohner. Und die Erbschaft, die der ehemalige US -Präsident hinterließ, sei die Hyperinflation. Allein im vergangenen Dezember betrug sie 126 Prozent, im November waren es noch 111 Prozent.

Ortega verglich die Situation Nicaraguas mit derjenigen Europas nach dem Zweiten Weltkrieg. „Wenn wir in dieser komplexen und schwierigen Lage nicht zu einem qualitativen Sprung in der Lage sind, müssen wir auf Kriegswirtschaft zurückgreifen“, warnte er. Es gehe nicht mehr an, wie bisher die Lücke zwischen staatlichen Ausgaben und Einnahmen mit der Notenpresse zu überbrücken. Als wichtigste Maßnahme zur Reduzierung der öffentlichen Ausgaben kündigte Ortega eine weitere compactacion an. Der Staatsapparat soll noch akompakter werden, das heißt im öffentlichen Dienst stehen noch mehr Entlassungen an. Wer seinen Job verliert, kommt immerhin noch zwei Monate lang in den Genuß eines Lebensmittelpakets, damit er sich relativ sorglos auf eine Arbeitsalternative auf dem Land einstellen kann. Die Banken werden 1989 eine restriktivere Politik fahren. Wer seine Kredite nicht zurückzahlt, wird keine neuen erhalten. Das betrifft Unternehmer wie Kleinbauern. Staatliche Betriebe, die trotz niedriger Lohnkosten ihre Produkte nicht zu Preisen auf den Markt bringen, die im zentralamerikanischen Rahmen der Konkurrenz standhalten, laufen Gefahr, geschlossen zu werden. Landlosen Bauern wird kein Land mehr zugeteilt (womit ihre Kreditierung überflüssig wird), weil sie in bestehende Kooperativen integriert werden können.

Aber auch ganz oben wird gespart: Ein Großteil der sogenannten „Protokollhäuser“ (die vor allem zur Beherbergung ausländischer Delegationen, zu Arbeitstagungen und Empfängen dienen) soll geschlossen werden. Zahlreiche staatseigene Autos, ja sogar Computer und Schreibmaschinen will die Regierung verkaufen. „Nach einem Krieg“, belehrte Präsident Ortega das Parlament, „kann es weder Vollbeschäftigung noch Überfluß geben.“