Selbstverwaltungsstreit

■ Bürgschaftsbank „Haftungsassoziation“ will „selbstverwaltete Betriebe“ aus Satzung streichen

Eine Satzungsänderung wirbelt Staub auf im alternativen Innenleben Berlins. Was für die einen die Schlachtung der heiligen Kuh „Selbstverwaltung“ ist, ist für die anderen die zeitgemäße Antwort auf Veränderungen im alternativen Betriebsleben. Auf der heutigen Generalversammlung der Genossenschaftsmitglieder der „Haftungsassoziation“ soll darüber entschieden werden, das Wort „selbstverwaltete Betriebe“ ersatzlos zu streichen und durch „klein kooperative Betriebe“ zu ersetzen. Die „Haftungsassoziation aber wurde 1985 als Bürgschaftsbank für selbstverwaltete Betriebe gegründet, um ihnen durch Rückbürgschaften Bankkredite zu ermöglichen. Vor rund einem Jahr begann die HA, wie sie im Insider-Jargon genannt wird, mit ihrer Arbeit. Neben der Selbstverwaltung soll in der Satzung aber auch ein anderer Passus ersatzlos gestrichen werden, in dem von Kriterien wie „ökologisch verträglichen Produkten“ oder „gemeinschaftlichem Eigentumsrecht“ - alles Essentials selbstverwalteter Betriebe - die Rede ist. Weg mit alternativem Ballast also? Vor allem Netzwerk und Stattwerke sehen in dieser geplanten Änderung deutliche Alarmsignale. Franz Josef Bartsch von Netzwerk befürchtet, daß durch die Begriffsänderung selbstverwaltete Projekte aus der Förderung ganz rausgeschmissen werden und statt dessen ganz normale Klein- und Mittelstandsbetriebe gefördert werden: „Solange der Begriff Selbstverwaltung politisch opportun ist, bedient man sich seiner, dann dreht man das Fähnlein ganz schnell in die andere Richtung und paßt sich den Marktmechanismen an. Das sind die alten Dinge im neuen Design. HA -Genossenschaftsmitglied Stephan Wantzen (vom Rotbuch -Verlag) hegt bei der geplanten Satzungsänderung ebenfalls Bauchschmerzen. Dadurch bekäme das Unternehmen eine „ganz andere Stoßrichtung“.

Marlene Kück, eine der Mitbegründerinnen der HA und wesentlicher Motor der Bürgschaftsbank, ist sich aber sicher, die erforderliche Mehrheit für die Satzungsänderung zu erhalten. Der alte Selbstverwaltungsbegriff hatte auf viele neu gegründete Betriebe nicht mehr zugetroffen. Das „egalitäre Selbstverwaltungsprinzip“ habe heute ausgedient. Mit der neuen Begrifflichkeit soll vor allem dem Kundenkreis der HA Rechnung getragen werden, der kaum noch unter den „engen Begriff“ der Selbstverwaltung falle. Ohne eine solche Änderung, so Marlene Kück, hätte sie viele Einzel -Existenzgründungen von Frauen nicht fördern können. Außerdem sei die HA ökonomisch nicht lebensfähig, wenn sie sich allein auf selbstverwaltete Betriebe beschränken würde. Die würden aber weiterhin mit „offenen Armen“ empfangen werden.

bim