Diplomatischer Eiertanz

■ Hanoi und Peking wollen ihr Kamputschea-Engagement beenden / Thailand will den 300.000 kamputscheanischen Flüchtlingen die Rückkehr in ihre Heimat ermöglichen

Seit Jahresbeginn machen diplomatische Durchbrüche bei der Lösung des Kamputschea-Konflikts Schlagzeilen. Im Vorfeld des chino-sowjetischen Gipfeltreffens konnten China und Vietnam in Peking Übereinstimmung über einen vollständigen Abzug der vietnamesischen Truppen aus Kamputschea erzielen. Nach einer zehnjährigen Frostperiode signalisierte der Besuch des vietnamesischen Vizeaußenministers Dinh Nho Liem in Peking erstmals eine Normalisierung im Verhältnis der beiden verfeindeten Länder.

Parallel zum Abzug der vietnamesischen Truppen, die vor zehn Jahren in das Land gekommen waren, um das pro -chinesische Schreckensregime der Roten Khmer zu beenden, will China jetzt seine Hilfe für die antivietnamesische Dreierkoalition des kamputscheanischen Widerstands reduzieren. Damit kommt Peking nicht nur einer Forderung Hanois entgegen: Die fortgesetzten Waffenlieferungen, vor allem an Pol-Pots Khmer-Fraktion, stießen zunehmend auf internationale Kritik.

Wenige Tage nach diesem diplomatischen Vorstoß machte der kamputscheanische Ministerpräsident Hun Sen ebenfalls nach zehnjähriger Funkstille vergangene Woche dem thailändischen Ministerpräsidenten Chatichai seine Aufwartung und unterzeichnete ad hoc ein Abkommen, das es den 300.000 kamputscheanischen Flüchtlingen in den Auffanglagern entlang der thailändischen Grenze ermöglichen soll, auf freiwilliger Basis in ihre Heimat zurückzukehren. In einem diplomatischen Eiertanz bemühte sich die thailändische Regierung zunächst den „privaten Charakter“ des historischen Besuchs der kamputscheanischen Delegation hervorzuheben. Denn das Regime in Pnom Penh wird derzeit lediglich von den pro-sowjetischen sozialistischen Staaten sowie von Indien als einzigem nichtkommunistischem Land, nicht aber von Thailand, anerkannt. Nachdem sich Hun Sens Visite aufgrund des Rückführungsbeschlusses und der Einsetzung einer Sonderkommission zur Verbesserung der wirtschaftlichenund politischen Beziehungen zwischen den Nachbarstaaten als äußerst erfolgreich erwiesen hatte, durfte der 37jährige Premier das Land sogar in einer thailändischen Regierungsmaschine verlassen.

Jetzt stehen vom 19. bis zum 21. Februar zum zweiten Mal Friedensgespräche der internen Konfliktparteien, diesmal in der indonesischen Hauptstadt Jakarta, an. Erneut nahm Prinz Sihanouk Hun Sens Weigerung, seinen Fünf-Punkte-Friedensplan anzuerkennen, zum willkommenen Anlaß, sich persönlich aus allen diplomatischen Bemühungen um einen Kompromiß zwischen Pnom Penh und den drei Widerstandsfraktionen herauszuhalten. Wie schon bei den Gesprächen in Bogor schickt er statt dessen seinen Sohn Ranariddh an den indonesischen Verhandlungstisch. Am Wochenende ließ er diesem ein Telegramm zukommen, worin er auf seine Forderung nach einer multinationalen Friedenstruppe in der Übergangsphase verzichtet. An seiner Forderung, das Regime von Ministerpräsident Hun Sen müsse zugunsten einer Übergangsregierung aus allen vier am Konflikt beteiligten Fraktionen weichen, hielt der Widerstandsführer jedoch fest.

S.L.