G-7 prüft US-Administration

Bush hat Angst vor Rezession, Greenspan vor Inflation / Dollar auf 1,40 DM drücken?  ■  Von Ulli Kulke

Die Erwartungen an das morgige Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs aus den sieben mächtigsten Industrieländern der westlichen Welt (G-7) werden offiziell bewußt niedrig gehängt: Keine konkreten Beschlüsse, rein informelle Beratungen. Im Grunde genommen gehe es lediglich darum, die neue US-Administration in Augenschein zu nehmen. Gerade der Punkt dürfte allerdings spannend werden für die sechs Partner Japan, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kanada und die Bundesrepublik. Zeigen sich doch derzeit spürbare Kontroversen innerhalb der USA über die künftige Geldpolitik ab, die Einfluß auf den Dollarkurs haben dürfte. Die Entscheidung zwischen Inflation und Wachstum rückt wieder in den Vordergrund.

US-Notenbankchef Alan Greenspan hat jetzt Differenzen zum neuen Präsidenten George Bush über die Einschätzung der Inflationgefahr bestätigt. Nach der Hochkonjunktur der letzten Reagan-Jahre plagt Bush jetzt die Angst vor dem Absturz. Er bat daher Greenspan, über die Inflationsbekämpfung nicht einen Rückgang des Wirtschaftswachstums zu riskieren. Die unbequeme Antiinflationsstrategie der unabhängigen Notenbank: Höhere Zinsen. Dies bedeutet zunächst für die tief verschuldete US -Ökonomie - wie auch den billionenschwer defizitären Staatshaushalt - direkte höhere Belastungen, die auf Kosten der Investitionen gehen.

Entscheidend ist jedoch die Differenz zu den immer noch niedrigeren Sätzen in Europa und Japan. Die zieht Gelder ins Land und ist somit Ursache für das derzeit recht hohe Niveau des US-Dollars, der gegenüber dem letzten Monat um gut zehn Pfennig zulegen konnte. Und ein hoher Dollar schwächt die Konkurrenzfähigkeit der US-Industrie auf den Weltmärkten zu Lasten des US-Wachstums. Der zuletzt registrierte erneute Anstieg des US-Handelsbilanzdefizits (nach vorübergehender Besserung) dürfte die Besorgnisse Bushs über die Inflationsbekämpfung eher noch verstärken.

Derweil meldet sich die US-amerikanische Wissenschaft zu Wort, und die darf immer etwas drastischere Szenarien aufzeigen. Kurz vor dem G-7-Treffen verkündete Martin Feldstein, Präsident des amerikanischen Büros für Wirtschaftsforschung, auf dem noblen Davoser „World Economic Forum“, der Dollar müsse in den kommenden drei bis vier Jahren auf 1,40 Mark sinken. Ansonsten könne das Handelsbilanz-Defizit „niemals unter 100 Milliarden Dollar im Jahr sinken“.

Bush marschiert aus lauter Rezessionsangst lieber in die andere Richtung. Ungeachtet des bereits heute horrenden Haushaltsdefizits will er am 9. Februar Steuervergünstigungen für Unternehmen und Arbeitnehmer zur Wirtschftsankurbelung ankündigen. Erinnerungen an den Amtsantritt Reagans werden wach, als mit großem Pomp alle Steuern gesenkt wurden. Ergebnis: Explosion des Defizits und infolgedessen - noch höhere Zinsen.