SPD-Höhenflug in Nordrhein-Westfalen

Neuste Meinungsumfragen ergeben ungeahnte Sympathien für die Sozialdemokraten / Die CDU liegt im Keller, die Grünen blieben schwach, und die FDP steht auf der Kippe / Sozis halten Umfragen unter Verschluß: Demobilisierung befürchtet  ■  Von Walter Jakobs

Düsseldorf (taz) - Die nordrheinwestfälischen Sozialdemokraten erfreuen sich einer bisher nie erreichten Sympathie beim Wahlvolk. Glaubt man den jüngsten Meinungsumfragen, dann sitzen die NRW Sozis sogar noch fester im Regie rungssattel als die CSU in Bayern. Während in Bayern laut Infas 44 Prozent der Befragten keinen Regierungswechsel wünschen, wollen in Nordrhein-Westfalen sogar 52 Prozent alles beim alten lassen.

Die jüngsten Januar-Daten hält die SPD-Parteizentrale sogar unter Verschluß, weil sie befürchtet, daß der Kampfeswille bei Plakatklebern und Parteirednern angesichts der weiterhin verbesserten Daten nachlassen könnte. Ende 1988 hatte Infas für die Landtagswahl 1990 folgende Prozentwerte ermittelt die Ziffern in Klammern geben das tatsächliche Wahlergebnis von 1985 wieder: SPD 52 Prozent (52,1); CDU 37 (36,5); FDP 6 (6); Grüne 4 (4,6). Dramatisch fällt der prognostizierte Vorsprung der SPD für die Kommunalwahl am 1. Oktober 1989 aus. Folgende Durchschnittswerte ermittelte Infas Ende 1988

-in Klammern wieder die tatsächlichen Zahlen der letzten Kommunalwahl: SPD 51 Prozent (42,5); CDU 38,0 (42,2); FDP 4,8 (4,8); Grüne 5 (8,1). Auch wenn diese Durchschnittswerte nicht unproblematisch sind (örtliche Besonderheiten werden nicht erfaßt), so scheinen sie den Trend in Nordrhein -Westfalen korrekt wiederzugeben.

Analysen aus einzelnen Städten bestätigen die Richtung. Eine aktuelle Forsa-Prognose für die Kommunalwahl in Köln kommt zu folgenden Ergebnissen: SPD 49 Prozent (46,4); CDU 32 (37,8); Grüne 12 (10,8); FDP 6 (4,5). Eine städtische Erhebung zur Stimmungslage in der wegen des monatelangen Kampfes um Rheinhausen besonders interessanten Stadt Duisburg ermittelte Ende letzten Jahres für die SPD 72 Prozent Zustimmung, für CDU 16 Prozent, Grüne 8 Prozent und für die FDP 3 Prozent. Zwar handelte es sich bei der Duisburger Untersuchung um keine Prognose, aber die seit 1981 in Duisburg immer wieder erfragten Stimmungsdaten waren nie besser für die SPD und niemals schlechter für die CDU. Ein so günstiges Klima wie zur Jahreswende hat es für die Sozialdemokraten nach Auffassung des SPD Landesgeschäftsführers und Wahlkampfleiters Bodo Hombach in den „gesamten 80er Jahren nicht gegeben“. Den Umfragen zufolge braucht Blüm in Nordrhein-Westfalen erst gar nicht anzutreten. Lediglich 31 Prozent sprachen sich laut Infas Ende 1988 für Blüm, 64 Prozent dagegen für Rau aus. Auch hier sind die neusten Werte noch besser. Hombach gibt sich entsprechend siegesgewiß: „Es geht gar nicht nur darum, Blüm zu schlagen, sondern wir haben das Ziel, in den kommenden Wahlen die Verwurzelung der SPD in Nordrhein-Westfalen weiter zu verstärken.“

Mies sieht es für die SPD allerdings bei der Europawahl aus. So schlecht offenbar, daß man in der Düsseldorfer Parteizentrale selbst einen flüchtigen Blick auf die Daten verweigert. Das Hauptproblem für die Sozis: ihre Wähler interessieren sich anscheinend weit weniger für Europa als die der anderen Parteien und haben die Absicht, im Juni die Wahllokale massenweise zu meiden.