Tanzen für Vegesack

■ Die „Scala“ - das „Moderne“ für Vegesack - ist nach Anwohnerprotest und mangelnder baurechtlicher Genehmigung erst mal aufgeschoben, aber noch lange nicht aufgehoben

Dann ist auch nachts und bis in den Morgen keine Ruhe mehr zu erwarten, die Straßen und Hauseingänge werden womöglich verunreinigt, parkende Autos beschädigt und gelegentlich kann es zu Raufereien zwischen gegnerischen Jugendgruppen kommen. (Wolfgang Hanne, Anlieger Beirat 'Scala‘)

So geht das, wenn man mitten in Vegesack ein „multifunktionales Veranstaltungszentrum“ - so die Konzept -Beschreibung zum „Scala„-Projekt in Bremen Nord - zwischen die besorgten Anwohner setzen will. Auch wenn Gerd und Thomas Settje (Cinema), Edu Woltersdorff und Heiner Hellmann (Modernes) auszogen, um Nordbremer Twens und Teenies auf einträgliche Art und Weise das Abendvergnügen zu erleichtern, lehrten sie unmittelbar betroffene Nachbarn offensichtlich erst mal das Fürchten: von randalierenden Skins, zerdepperten Bierflaschen zwischen den Blümelein im Vorgarten, Autotürschließ- und Motorenlärm mitten in Vegesacker Nacht. Anlieger in Sicht- und Hörweite der Vegesakker Breiten Straße jedenfalls, in der das „Scala„ -Projekt der vier

Stadt-Bremer den stets benachteiligten Nord-Bremern Kultur und Tanzabende direkt vor die Haustür setzen sollte, die Anlieger also protestierten.

Nicht daß Vegesacker mit kulturellen Veranstaltungen nichts rechtes anzufangen wüßten. Bloß den Einwohner des soeben sanierten Innenstadtbereichs schwanen da offenbar „erhebliche Einbußen“ in bezug auf „die Kultur des städtischen Lebens und Wohnens“, so Wolfgang Hanne, Organisator des „Anlieger-Beirats Scala“. Betroffene Anlieger wollen zwar die „Scala“, aber eigentlich noch lieber keine lärmende Unruhe durch Tanz- und Musik -Spätveranstaltungen

Anfang November aber hatten die Umbauarbeiten der alten „Scala„-Lichtspiele zum postmodernen Veranstaltungszentrum trotz der angemeldeten Anlieger -Bedenken bereits begonnen - eine ältere Baugenehmigung gab es schon, der Erweiterungsantrag war genehmigt -, da wurde ein paar Tage später der behördliche Baustopp verfügt. Es müsse ein ganz neuer Antrag gestellt werden, so ein neuer Sachbearbeiter im Amt, da mit dem geplanten Einzug einer Decke baurechtlich eine „grundlegende Neuerung“ gegeben sei. Edu Woltersdorff gibt sich trotz der Verzögerung friedfertig: „Die 'Scala‘ war für die neue Nutzungsart nach dem alten Bebauungsplan auch gar

nicht zugelassen. Wir wären mit der alten Baugenehmigung also gar nicht gut beraten gewesen.“ Der neue Antrag wurde umgehend gestellt, mit der dann „hieb-und stichfesten“ Baugenehmigung wird in den nächsten Tagen gerechnet.

Auf den Protest der Vegesakker Anwohner wollen die zukünftigen „Scala„-Betreiber den behördlichen Aufschub lieber nicht schieben. Die Behörde renne nicht gerade wie sie könnte, so Edu Woltersdorff, der Aufschub sei aber baurechtlich durchaus gerechtfertigt. Allein der Anwohnerprotest scheint eh ein zartes Pflänzlein. Als der SPD-Unterbezirksvorsitzende Detmar Leo das Projekt, so Hanne, quasi „über Nacht“ auf den Weg gebracht hatte, wurden die Nachbarn zwar noch gemeinschaftlich unruhig und erschienen entsprechend auf den Anwohnerversammlungen. Auf der letzten (vom 18.1.) aber ließen sie Hanne, dessen Garten direkt an das „Scala„-Grundstück grenzt, dann „im Stich“ und seine Protest-Resolution gegen eine Scala mit Wochenend -Disco und Spätveranstaltungen links liegen. „Da waren auch viele Teenies, die wollen die Scala natürlich, und ohne Samstagsdisco brauchen wir gar nicht erst aufzumachen. Das läßt sich anders nicht finanzieren“, erklärt Edu Woltersdorff den Vegesacker Umschwung. Unterschrieben haben die Anwohner schließlich eine Resolution für die „Scala“ mit Disco, Kino, Konzerten und Parkplätzen, für die keine innerstädtischen Grünanlagen geopfert werden müssen. „Die Verantwortung für den Verkehr können wir aber gar nicht übernehmen, das ist Sache der Behörden“, so Woltersdorff. Eine nahegelegenes Parkhaus existiert bereits, ob es nachts von „Scala„-Besuchern genutzt werden kann, ist noch fraglich.

Dennoch sind Woltersdorff, Hellmann & Settje optimistisch. Bloß: „Wir wollten ursprünglich im Januar eröffnen. Jetzt werden wir frühestens im April so weit sein, eher noch später.“ Damit kommen sie mitten ins Sommerloch. Saure -Gurken-Zeit nicht für Zeitungsredaktionen.

Petra Höfer