Blutbad

■ Was kommt nach dem Fall Kabuls?

Die Tage des Kabuler Regimes sind gezählt, das Häuflein afghanischer Kommunisten nach Abzug des letzten sowjetischen Soldaten steht auf verlorenem Posten. Es ist zu befürchten, daß nach einem zehnjährigen Krieg und Millionen Flüchtlingen und Toten die Rache der Sieger furchtbar sein wird.

Vor allem viele Frauen können nach der Eroberung von Kunduz und Kunar im letzten Herbst bezeugen, zu was die wildgewordene und verrohte Soldateska in der Lage ist. Auch wenn schon Dreiviertel des Landes jetzt von Organisationen des Widerstands kontrolliert wird, die Schlacht um Kabul, die auf mehrere Millionen Einwohner angewachsene Hauptstadt, ist mehr als ein Symbol für das Ende des Krieges: diese Stadt ist auch ein Symbol für die „Modernisierung“, die von hier aus dem Land aufgezwungen werden sollte. In Kamputschea jedenfalls hatte sich Mitte der siebziger Jahre in Gestalt der Roten Khmer das Land an der Stadt gerächt.

Doch noch keimt Hoffnung, die „Nacht der langen Messer“ abzuwenden. Denn es ist keineswegs ausgemacht, wie der Übergang vonstatten geht. Wenn sich am 10. Februar alle Organisationen der Mudschaheddin treffen, ist keine Organisation stark genug, den anderen ihre „Linie“ aufzuzwingen. Und Kompromisse müssen ausgehandelt, eine Übergangsregierung geschaffen werden. Die Garantiemächte USA, Iran und Pakistan und die Vereinten Nationen sind jetzt in die Pflicht genommen, auf die Widerstandsorganisationen Druck auszuüben. Druckmittel gibt es genug: für die Wiederaufbauhilfe nach dem Kriege können jetzt schon Bedingungen gestellt werden. Auch der Vorschlag der UdSSR, die Waffenhilfe am 15. Februar an beide Seiten zu stoppen, weist in die richtige Richtung.

Erich Rathfelder