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ZeugInnen droht Erzwingungshaft

Bundesanwaltschaft bestätigt sieben Anträge auf Beugehaft / Jetzt auch 129a-Ermittlungsverfahren gegen vier Zeuginnen, in deren Wohnungen Flugblätter für eine Info-Veranstaltung zu 129a gefunden wurden  ■  Aus Bochum Walter Jakobs

Mit immer drastischeren Methoden geht die Bundesanwaltschaft (BAW) gegen ZeugInnen vor, die sich seit Monaten weigern, Aussagen über gesuchte Personen zu machen, die der Staatsschutz verdächtigt, Mitglieder der „Revolutionären Zellen“ oder der „Roten Zora“ zu sein. Der Sprecher der Bundesanwaltschaft, Alexander Prechtel, bestätigte am Donnerstag, daß von seiner Behörde beim Bundesgerichtshof inzwischen gegen sieben Personen „Anträge auf Erzwingungshaft“ gestellt wurden. So massiv ist das Instrument der Erzwingungshaft, die bis zu sechs Monaten verhängt werden kann, nie zuvor in der Bundesrepublik eingesetzt worden.

Die verschärften Zwangsmaßnahmen stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der am 18.Dezember 1987 durchgeführten Großrazzia, in deren Verlauf 33 Wohnungen und Arbeitsplätze in der gesamten BRD durchsucht worden waren. Im Rahmen dieser Aktion waren Ingrid Strobl und die inzwischen wieder freigelassene Ulla Penselin verhaftet worden, nach weiteren Personen wird seitdem per Haftbefehl gefahndet. Die jetzt verfolgten ZeugInnen aus dem Ruhrgebiet und dem Hamburger Raum standen in persönlichem oder beruflichem Kontakt zu den Gesuchten. Die Zeugen, so heißt es in der Antragsbegründung der Bundesanwaltschaft, könnten „Angaben über den Verbleib“, über „Kontakte in der Szene“ und über den „gegenwärtigen Aufenthaltsort“ der verfolgten Personen machen. Ihre Aussage sei für die Fortführung des Ermittlungsverfahrens „von ausschlaggebender Bedeutung, weil im derzeitigen Stadium kaum noch andere Beweismittel, durch die der Tatverdacht überprüft werden kann, zur Verfügung stehen“.

Inzwischen ist der Druck auf einige Zeuginnen weiter verschärft worden, indem gegen vier Frauen ein Ermittlungsverfahren wegen „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ eigeleitet wurde. Die Wohnung der Bochumerinnen war am 5.Dezember 88 „zur Beweismittelsicherung gegen Dritte“ durchsucht worden. Bei dieser Aktion beschlagnahmten die Beamten 87 im Flur aufgefundene Flugblätter und einige Plakate, mit denen zu einer „Veranstaltung zu den ZeugInnenvorladungen im Zusammenhang mit der Kriminalisierungswelle vom 18.12.87“ in ein Bochumer Kommunikationszentrum eingeladen wurde. Diesen Fund nutzte die Bundesanwaltschaft nun, um allen vier Frauen ein 129a-Verfahren anzuhängen.

Das Ermittlungsverfahren gegen die vier Frauen hat die BAW inzwischen an den Düsseldorfer Generalstaatsanwalt abgegeben, weil, so dessen Sprecher Büttner am Donnerstag zur taz, es sich um ein 129a-Verfahren „von minderer Bedeutung“ handele. Welche „terroristische Vereinigung“ durch die Bochumer Informationsveranstaltung „unterstützt“ worden sein soll, vermochte Büttner allerdings auch nicht zu sagen.

Eine der betroffenen, nicht aussagebereiten Frauen war noch am 5.Janunar als Zeugin von Bundesanwalt Kruse zum zweitenmal vernommen worden. Daß gegen sie selbst inzwischen ein 129a-Ermittlungsverfahren lief, verschwieg der Bundesanwalt bei dieser Gelegenheit. Ein Vorgehen, das, so der Rechtsanwalt der Betroffenen Axel Nagler, wegen des Zeugnisverweigerungsrechts für Beschuldigte „eine verbotene Vernehmungsmethode darstellt“. Für die Bundesanwaltschaft handelt es sich dagegen, so Prechtel, um zwei voneinander „völlig losgelöste Verfahren“. Tatsächlich ist das eine ohne das andere nicht denkbar, denn die Flugblätter zum Zeugenverhalten dienten ja erst dazu, aus Zeugen Beschuldigte zu machgen.

In der nächsten Wochen werden möglicherweise neue 129a -Verfahren eingeleitet, denn am 7.Februar findet im Bochumer Kulturzentrum Bahnhof Langendreer um 19 Uhr 30 zu diesem Komplex eine Informationsveranstaltung statt.

Spenden für die Zeuginnen bitte an: Stichwort „Zeuginnen“, Atombüro, Sparkasse Bochum, BLZ 43050001, Kto.-Nr.142147032

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