Vor einer Lösung für Kamputschea

■ Die Außenminister Chinas und der UdSSR einig über den Abzug Vietnams / Annäherung in der Frage der Roten Khmer

Der Friede in Kamputschea stand gestern bei den Gesprächen zwischen den Außenministern Chinas und der Sowjetunion an erster Stelle der Tagesordnung. Nach einem dreistündigen Gespräch konnte man erfahren, bei der Lösung des Konfliktes würden Fortschritte erzielt. Aus inoffiziellen Quellen war zu hören, Schewardnadse habe eingewilligt, daß nach einer Beendigung des vietnamesischen Militärengagements in Kamputschea eine internationale Überwachung notwendig wird.

„China und die Sowjetunion sind der Meinung, daß Vietnam so bald wie möglich all seine Truppen aus Kamputschea abziehen sollte“, sagte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums. Und sein Chef Qian Qichen wurde mit den Worten zitiert, die aus drei Gruppen bestehende, von China unterstützte Widerstandskoalition in Kamputschea und die von Vietnam unterstützte Regierung sollten Gelegenheit erhalten, die Zukunft des Landes ohne Einmischung von außen zu bestimmen.

Hanoi fürchtet indessen, seine Sicherheitsinteressen seien in den Gesprächen der Großmächte nicht gut aufgehoben. In Erinnerung sind noch die territorialen Zugeständnisse, zu denen Vietnam 1954 bei der Genfer Konferenz von China und der UdSSR gezwungen wurde, als es um eine provisorische Grenzziehung zwischen Nord und Süd ging.

Nicht minder mißtrauisch ist man gegenüber dem UNO -Sicherheitsrat - altgediente vietnamesische Minister weisen mit Vorliebe daraufhin, daß immerhin vier seiner fünf Mitglieder zum einen oder anderen Zeitpunkt in Vietnam einmaschiert seien. Vietnam zöge es vor, wenn statt der UNO die Länder des südost-asiatischen Staatenbundes ASEAN die Verhandlungen ausrichten würden. Der jüngste Besuch des kamputscheanischen Premierministers Hun Sen im (feindlichen) Nachbarland Thailand war eine Initiative genau in dieser Richtung.

Ende dieses Monats wird die indonesische Hauptstadt Jakarta ein weiteres informelles Treffen der Khmer-Fraktionen und der Vietnamesen beherbergen. Nach wie vor steht die Antwort auf die Schlüsselfrage nach der zukünftigen Rolle der Roten Khmer (also der Guerillafraktion des früheren Staatschefs und Massenmörders Pol Pot) aus. Der einflußreichste Exilpolitiker, Prinz Norodom Sihanouk, hält daran fest, daß die Roten Khmer an den Friedensgesprächen teilnehmen und an einer zukünftigen Koalitionsregierung beteiligt werden andernfalls sei das Land zu einem endlosen Bürgerkrieg verdammt.

Prinzipiell kann sich zwar auch der von Vietnam gestützte Regierungschef Hun Sen mit einer Beteiligung der Roten Khmer anfreunden, aber ihre gegenwärtige Führung ist für ihn untragbar. Vollends unvorstellbar ist für Hun Sen dagegen, daß die Roten Khmer im Rahmen der künftigen Landesverteidigung ihre Waffen behalten dürfen.

Beim Jakarta-Treffen wird es um die Vorbereitung einer internationalen Konferenz in Paris im September gehen. Ein Abkommen hängt noch immer davon ab, ob China die Roten Khmer endgültig fallen läßt. Die eigentliche Entscheidung wird deshalb wohl auf dem Gipfel zwischen Gorbatschow und Teng Hsiao-ping getroffen werden. Die jüngsten Zugeständnisse von Seiten Chinas sind vielversprechend. Sollte sich der Gipfel als erfolgreich erweisen, dürften die Gewinner des Friedensnobelpreises 1989 schon feststehen: Teng Hsiao-ping und Michail Gorbatschow.

Larry Jagan