Hungerstreik ausgeweitet

■ 38 Gefangene aus der RAF jetzt im Hungerstreik / Bundesanwaltschaft beschlagnahmt in Zellen „zahlreiche Schriftstücke“ / Drei Frankfurter 129a-Angeklagte solidarisieren sich

Berlin/ Frankfurt (taz) - Der Hungerstreik der inhaftierten Mitglieder der RAF weitet sich aus. Der Sprecher der Bundesanwaltschaft bestätigte gestern, daß sich ihre Zahl von 28 auf 38 erhöht hat. Wie er erklärte, sind bei den Zellendurchsuchungen vom Mittwoch „zahlreiche Schriftstücke“ sichergestellt worden. Zu deren Inhalt konnte er aber keine Angaben machen.

Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im niedersächsischen Landtag, Jürgen Trittin, nannte den Streik einen „ernsten Hinweis auf ein vielfach verdrängtes - auch von uns verdrängtes - Problem“. Mit dem Hinweis auf die in Celle in Kleingruppenisolation einsitzenden RAF-Mitglieder Dellwo, Taufer und Folkerts forderte er Niedersachsens Justizminister Remmers auf, sich nicht auf eine rein technische und medizinische Bewältigung des Problems zu konzentrieren. Er solle vielmehr eine selbstkritische Bilanz seiner gescheiterten Vollzugspolitik in Celle ziehen: „Hierzu gehört nicht nur die Entlassung von objektiv haftunfähigen Menschen.“ Die im Frankfurter 129a-Prozeß angeklagten Ali J., Michael D. und Bernhard R. haben sich dem Hungerstreik angeschlossen. Dies gab Michael D. gestern bekannt.

Der Prozeßtag vor der Staatsschutzkammer am Oberlandesgericht Frankfurt hatte mit der Vernehmung von drei Sachverständigen vom Hessischen Landeskriminalamtes (HLKA) begonnen. Nach Darstellung der Gutachter konnten die am Tatort, der Renault-Niederlassung in Rosbach bei Friedberg, gesicherten Spuren nicht zweifelsfrei dem Schuhprofil der Angeklagten zugeschrieben werden. Ein weiterer Gutachter des HLKA machte in den Kleidungsstücken von Ali J., Michael D. und Bernhard R. zwar Spuren von Benzin aus, die über „denen der Alltagsablagerungen im Straßenverkehr“ lägen. Er konnte jedoch nicht erklären, warum ihm die Asservaten erst einen Tag nach dem Brandanschlag vom 1. März 1988 zur Verfügung gestellt beziehungsweise wo diese zwischenzeitlich unter welchen Umwelteinflüssen gelagert wurden.

wg/M.B.