Newcomer auf dem Kosmetikmarkt

■ Ein Bremer Unternehmer versucht, mit Naturkosmetik in die schwarzen Zahlen zu kommen / Ohne Tierversuche und ohne Konservierungsmittel, aber mit Ästhetik und Design

Jerg H. Wohnhas ist elf Jahre zur See gefahren, zuletzt als Kapitän, und hat dann zehn Jahre gutes Geld in der „freien Wirtschaft“ verdient. Für die nächsten Jahrzehnte hat sich der „Existenzgründer“ jedoch etwas ganz anderes vorgenommen: „Ein ökologisches Produkt herstellen und in einem schönen Umfeld verkaufen.“ Jerg H. Wohnhas ist seit 1984 Geschäftsführer und Mitbesitzer der „Provida Cosmetik“ Gmbh & Co KG. Und er hat Grund zum Optimismus. Nach vier Jahren Gläubiger-Hinhalten sind bei dem „Existenzgründer“ erstmals schwarze Zahlen in Sicht. Die „Provida„-Läden in Vegesack und im Ostertor haben Kundschaft gezogen, das Versandgeschäft läuft an, und fünf Mal haben „Provida„ -Produkte bisher in der VerbraucherInnen-Zeitschrift „Öko -Test“ zu den bestplazierten gehört: „Das hilft uns sehr“, betont Wohnhas immer wieder, denn Geld für Werbung hat er keines. Vor jedem

„Öko-Test“ allerdings hat Wohnhas auch „ein ungutes Gefühl“: „Denn die sind sehr findig, die entdecken neue Schadstoffe, neue Pestizide, und es besteht die Gefahr, daß man als Einkäufer bei einem neuen Rohstoff auf die Nase gefallen ist.“ Und noch eine ganz andere Angst hat Wohnhas: Daß ihm die Mafia der Kosmetikindustrie auf den Hals rückt. Erst vor kurzem mußte eine kleine Berliner Naturkosmetik-Firma Konkurs anmelden. Sie hatte geworben mit dem Zusatz „tierversuchsfrei“ und war von den großen Kosmetikfirmen mit Prozessen überzogen worden.

15 Mrd. Mark Umsatz werden jährlich in der BRD mit Kosmetika und Waschmitteln gemacht.

500 kleine Firmen a la Provida teilen sich vier Prozent von diesem großen Kosmetik-Kuchen und dennoch wird ihnen von den „Großen“ kein Pardon gegönnt.

Die Idee für die „Provida-Cosmetik“, so erzählt Wohnhas, „kommt durch meine Frau“. Denn die hat schon lange Naturkosmetik benutzt. Doch ihr Gatte begann, den Beipackzetteln zu mißtrauen und schließlich mit einem befreundeten Apotheker zu experimentieren. Als Sohn eines Chemikers hatte der gelernte Kapitän Wohnhas seine Jugend im Labors verbracht: „Ich mag Labors und diese Umgebung“.

Die beiden Männer erreichten tatsächlich ihr erstes Labor -Ziel: Nicht-konservierte Naturkosme

tik-Produkte mindestens ein Jahr lang haltbar zu machen. Wohnhas: „Die Industrie kann das nicht, aber ein Kleiner.“

Ein „Alternativer“ ist Wohnhas nicht. Und dies sieht man seinen Produkten auch an: Seine Naturkosmetik ist nicht in Braunglasflaschen „mit Öko-Touch“ abgefüllt und auch nicht in Holzregalen aufgereiht. Der Laden am Ostertorsteinweg paßt bestens ins Styling der späten 80er Jahre. Wohnhas: „Wir wollen jeden ansprechen. Es muß schön aussehen. Das Design muß stimmen. - Das hat auch mit der Psyche der Frau zu tun. Auch wenn Frauen Wert auf Naturprodukte legen, ist ihnen das Ästhetische doch auch sehr wichtig. Und im Badezimmer stehen die Kosmetika aufgereiht, eine Dose schöner als die andere. Solch eine Frau würde sich nie Braunglas ins Bad stellen.“ Hat er aber nicht auch schon umgekehrte Überlegungen gehört nach dem Motto: „Was außen nicht nach Öko aussieht, da kann auch kein Öko drin sein?“ Ja, das Argument kennt er, aber auch darauf hat Wohnhas eine Antwort: „Das können wir nur

kompensieren, indem wir in unseren Prospekten alle Inhaltsstoffe deklarieren.“

Und mit den Inhaltsstoffen, da nimmt es Wohnhas äußerst genau. Ordnerweise hat er Korrespondenz abgeheftet, in denen er und seine sämtlichen Lieferanten dem Deutschen Tierschutzbund belegen müssen, daß sie keine Versuche mit „Wirbeltieren“ durchführen. Ordnerweise sind auch die Prüfberichte abgeheftet, die beweisen, daß in seinen Ingredienzen keine bisher bekannten Pestizide und Schadstoffe nachgewiesen wurden. Und der Ingredienzen gibt es viele: Jojobaöl und Malven, Olivenöl und Pfirsichkerne, Eukalytus und Mäusedornwurzel.

Demnächt, im Herbst '89, will Jerg Wohnhas seine Ingredienzen in eine „Männerserie“ abfüllen: „Da ist im Prinzip das gleiche drin.“ Aber an den Dosen muß er noch arbeiten: „Denn die Männer wollen einen herb-neutralen Duft und maskulines Design. Schwarz, ja, schwarz ist im Moment die einzige Farbe, die bei Männern geht.“

B.D.