Rühmkorf für ABM-Erhalt

■ Wenn auch bloß per Minimalkonzept verfremdet: Rühmkorf a la „Alpha Halley...“ war Donnerstag im LagerhAus

Daß mit wenigen Mitteln eine ganze Menge auf die Beine gestellt werden kann, bewiesen am Donnerstag drei Herren auf dem Podium des Lagerhauses Schildstraße. The Bastards lautete der wunderschöne Name der Band, die sich eigens zum Solidarbeitrag für den Erhalt des Kulturzentrums zusammengefunden hatte. Ob es sich tatsächlich um „Die schönsten Jungs von Bremen“ handelte, mögen kompetentere Menschen entscheiden, vielleicht sind sie es in ihren jeweiligen Altersklassen. Geradeausrock im Partystil bot das Trio Schütz, Fleckenstein, Siegel und fand dabei Gesangsunterstützung vom gutaufgelegten Mr. Gray. „Say hello to the Bastards“, forderten die Tanzbeinanimateure das spärliche aber jederzeit wohlwollende Publikum auf, und spätestens bei den eingestreuten Sprengseln von Rare Earths Sympathy geriet ihr gitarrenorientiertes Spiel zum Spaß -Act des Abends.

Von ganz anderem künstlerischem Kaliber präsentierte sich danach das Duo Alpha Halley meets Winston Timbuktu, das eigentlich ein Trio ist. Dem flüssi

gen und „groovenden“ Schlagzeugspiel des III.Art Drummers fügte Commander Hirschberg Baßtöne aus dem Off hinzu, während Andre Szigethy am Stehpult hinter einer Batterie skurriler Farbdrinks ebenso verschrobene Texte rezitierte. „Ein Minimalkonzept, das sich von der Traditon der Jazz und Lyrik Veranstaltungen“ der Herren Michael Naura und Peter Rühmkorf inspiriert fühlt, fand einigen Anklang bei den ZuhörerInnen, die mit entspanntem Interesse dem Vortrag folgten. Ein Exiperiment sei es gewesen, so Andre, bei dem ausgewählte Wortzusammenhänge in einem völlig anderen Kontext vorgestellt werden sollten. Daß es dabei akustisch nicht immer verständlich zuging, war sicherlich ein Manko, das es gilt auszuräumen, doch die Intention war allemal spannend. Dostojewskis Der Spieler wurde so vor einem rhythmischen Hintergrund ins Groteske verzerrt, Texte des Bremers Willi Weinberg erreichten in einer Art von Politikerrede das Ohr, und selbst Altmeister Frank Zappa erfuhr seine totale Verfremdung, ohne sich wehren zu können. „Wir wollten real existierende Fragmente in völlig neuer Weise unter das Publikum bringen“, erklärten sie hinterher und machten vorher nicht einmal vor einer Bedienungsanleitung für Computer halt, die derart vorgetragen wie Mitteilungen aus einer fernen Welt klang.

Neben den künstlerischen Solidaritätsbekundungen der Musiker wurde aber noch ein weiterer Aspekt Bremer Kulturschaffens offensichtlich. „Es gibt mittlerweile einen Musikerpool in der Szene“, so die Mitwirkenden, „da ergeben sich immer neue Verbindungen und Stile. Jeder behält sein Hauptbaby, die eigentliche Bandformation, aber so können wir der Verknöcherung der jeweiligen Gruppen entgegenwirken“. Wer sich von diesen Konstellationen Bremer Bands weg aus der provinziellen Versenkung überzeugen lassen will, hat heute ab 20 Uhr dazu noch einmal Gelegenheit. Nach Filmen der Fehrfeldstudios treten die Different Colours und III.Art auf, danach gibt's Disco bis zum Abwinken.

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