Kein Asyl für schwule Pakistani

Berlins Innensenator fordert Homosexuellen zur Ausreise in sein Heimatland auf / Nach islamischem und pakistanischem Recht steht Homosexualität unter Strafe  ■  Aus Berlin Andreas Salmen

Berlins Innensenator Kewenig (CDU) hat in der vergangenen Woche einem schwulen pakistanischen Flüchtling mitgeteilt, daß er dessen Asylantrag nicht anerkennen will und ihn zur Ausreise auffordert. Der 34jährige Mann, der seit 1982 in der Bundesrepublik lebt, hatte seinen zweiten Antrag unter anderem mit seiner Homosexualität und der von ihm deshalb in Pakistan befürchteten Verfolgung begründet. 1979 führte der im vergangenen Jahr tödlich verunglückte Militärdiktator Zia -ul-Haq per Verordnung die Anwendung der Regeln des islamischen Rechts in dem Land wieder ein. Diese „Neuen Islamischen Gesetze“ stellten „Sittlichkeitsdelikte“ unter schwere Strafe.

Das islamische Recht sieht unter anderem für homosexuelle Handlungen unter bestimmten Umständen die Todesstrafe vor.

Im März 1988 gewährte deshalb das Bundesverwaltungsgericht erstmals einem schwulen Iraner politisches Asyl wegen seiner sexuellen Orientierung. Das Gericht begründete seine Entscheidung mit der Situation im Iran, wo die Mullah -Regierung angekündigt hatte, „die Wurzeln der Homosexualität auszurotten“, und es nach der Revolution zu Massenerschießungen von Schwulen gekommen war.

Zwar trifft für Pakistan diese massenhafte politisch begründete Verfolgung Schwuler nicht zu, aber auch hier wurden Einzelfälle empfindlicher Strafen gegen Schwule bekannt. 1983 wurden in Karachi zwei Studenten, die man in flagranti erwischt hatte, nach dem islamischen Recht zu Stockhieben verurteilt. Der eine starb an den ihm zugefügten Schlägen, der andere flüchtete danach in die Niederlande. Die Gefangenenhilfsorganisation amnesty international (ai) berichtet von dem Fall eines Mannes, über den im Juli 1981 die Todesstrafe verhängt wurde, da er „unnatürliche sexuelle Handlungen“ mit einem Jungen begangen habe. Dies sei die erste Verurteilung wegen sittlicher Delikte nach den islamischen Gesetzen gewesen, die ai aus Pakistan bekannt wurde. Neben dem islamischen Recht besteht auch die Strafandrohung für Homosexualität nach dem pakistanischen Gesetzbuch weiter, das in Paragraph 377 eine Haftstrafe von zwei Jahren bis zu lebenslänglich vorsieht.

Inwieweit sich diese Rechtspraxis unter der neuen pakistanischen Regierung ändert, ist zur Zeit noch schwer abzusehen. Dennoch will der Berliner Innensenator im Falle des Pakistanis „keine Gründe mehr erkennen, die einer Rückkehr nach Pakistan“ entgegenstünden. Unter Bezug auf eine Stellungnahme der BRD-Botschaft in Pakistans Hauptstadt Islamabad stellt er fest, Homosexualität sei in dem Land zwar nicht gesellschaftsfähig und werde nicht „zur Schau gestellt“, verfolgt werde sie jedoch nur, wenn sie Anstoß errege, oder mit Gewaltanwendung verbunden sei.

Nun soll die Duldung des Pakistanis nicht mehr über den 15.Februar hinaus verlängert werden. Unsicher ist, ob Berlins Innensenator Kewenig überhaupt die Entscheidung des Gerichts über den zweiten Asylantrag des Flüchtlings abwarten will - wie dies üblich ist - oder ob der Pakistani gleich abgeschoben werden soll. Beim Petitionsausschuß des Berliner Abgeordnetenhauses setzen sich mittlerweile verschiedene Organisationen für den Mann ein, darunter die Humanistische Union und die Gruppe „Homosexuelle und Kirche“. ai hatte sich bereits im vergangenen Jahr gegen eine Abschiebung ausgesprochen.