Plastikhersteller gegen Tütensteuer

Italienische Industrie kämpft mit Entlassungen gegen neues Umwelt-Gesetz  ■  Aus Rom Werner Raith

Es kam, wie es kommen mußte - so leicht läßt sich die Industrie ihre Profite nicht entwinden. Seit am 1.Februar die von Umweltschutzverbänden und Grünen durchgesetzte Besteuerung von Plastiktüten - 100 Lire pro Beutel, umgerechnet 14 Pfennig - in Kraft ist, laufen die Hersteller der Wegwerftüten Sturm. Mehr als 500 Entlassungen gab es in Oberitaliens Fabriken bereits; ganze Betriebe haben angekündigt zuzusperren, weil die Kunden nun selbst Taschen und Tragegeräte ins Kaufhaus mitbrächten.

Noch fehlen zwar Erfahrungswerte, ob sich die Käufer wirklich wie von den Ökologen beabsichtigt verhalten. Doch hat die Industrie bereits entdeckt, wer die Leidtragenden sein werden: die alten Mütterchen, die Armen, die Mittellosen, die den Tütenfabrikanten offenbar sehr am Herzen liegen. „Sie werden nun“, so einer der Firmensprecher im Radio, „nicht nur ihre Einkäufe nach Hause schleppen, sondern auch schon auf dem Hinweg zum Geschäft durch Taschen beschwert sein“. Auch der Handel selbst werde Schaden nehmen, da „Leute mit Taschen erfahrungsgemäß mitunter Dinge mitgehen lassen, die sie nicht bezahlen“.

Und ansonsten, so der Präsident des Plastikherstellerverbands Assoplast, Andrea Mattiussi, bestehe das Problem „überhaupt nicht in den Plastiktüten selbst, sondern nur darin, daß sie oft weggeworfen werden und dann unschön in der Gegend herumliegen oder auf dem Wasser wabern. Es reicht, sie aufzusammeln, dann sind sie keine Umweltbelastung mehr.“ Aha. Und wohin damit? „In Entsorgungsanlagen.“ Die aber platzen schon aus allen Nähten und produzieren überdies Folgegifte wie Dioxin. „Das ist nicht uns anzulasten - da muß sich die Regierung im Rahmen der allgemeinen Abfallbeseitigung drum kümmern.“

Da die Umweltschützer inzwischen angekündigt haben, daß sie „die Beachtung des Gesetzes streng überwachen werden“, setzen die Fabrikanten auf die Gerichte: Ein Verwaltungsgericht in Lecce (Apulien) hat am Wochenende das Anti-Plastik-Dekret bereits für seinen Zuständigkeitsbereich aufgehoben.