Dinosaurierreunion, erfreulich

■ Die Detroiter „Rare Earth“ tauchen noch zweimal aus ihrer 70er-Jahre-Legenden-Helden-Rock-Hochzeit auf

Überall tauchen derzeit alte Helden der 60er und 70er Jahre wieder auf; sei es in großem Rahmen wie Crosby, Stills, Nash & Young, Santana oder Grateful Dead, sei es mit verschämten Auftritten in kleinen Clubs wie Melanie, Ten Years After, Groundhogs oder Mamas And Papas. Nicht zu Unrecht werden manche dieser Tourneen als übliche Abzocke beunkt, da häufig mit unzureichenden Mitteln aus vergangenem Ruhm noch ein letztes Mal Kapital geschlagen werden soll.

So hieß es denn auch mit einem Konzert der legendären Rare Earth, sich auf ein Abenteuer der akustischen Art einzulassen, zumal die gegenwärtige Besetzung der einst verdienstvollen Band vorab nicht in Erfahrung zu bringen war.

Rare Earth, vielen Jüngeren heute nicht einmal mehr dem Namen nach bekannt, war in den 70ern die einzige weiße Band des renommierten Detroiter Soul-Labels Tamla Motown. Zunächst mit

Coverversionen, später mit eigenen und von Soulgrößen wie Smokey Robinson und Norman Whitfield maßgeschneiderten Kompositionen machte die Detroiter Band rasch Furore und landete mit Robinsons „Get Ready“ einen Welthit und ein All-Time-Favourite, der freilich seiner Länge von 21 Minuten in der Studio-und 22:38 Minuten in der Live-Fassung wegen in den landläufigen Oldie-Sendungen für Frühvergreiste nicht vorkommt. Kennzeichnend für Rare Earth waren (und sind) mitreißende, ans Hard-Rock-Genre grenzende Riffs, die die Detroiter eindeutig in die Ahnenreihe junger Bands wie Living Colour oder Fishbone stellen, und percussive Elemente, wie wir sie von Santana kennen. Minutenlange Improvisationsphasen ließen den Musikern viel individuellen Spielraum, so daß sich das Soundbild zu einer anregenden Mischung aus hartem Rock und angejazztem Soul fügte.

In der '89er Besetzung spielen noch drei Mitglieder der Originalbesetzung, was angesichts der zahlreichen Musikerwechsel ohnehin keine große Aussagekraft hat. Fraglos stehen die großen Hits auf dem Programm, „Hey, Big Brother“, „Born To Wander“ und „(I Know) I'm Losing You“. Im Zentrum des Sets dominiert ganz klar „Get Ready“, die große Hymne, mit langen Soli, von denen allein das des Schlagzeugers zu lang gerät. Zwei Stunden dauert das Konzert inklusive einer Zugabe. Es war ein erster Konzerthöhepunkt der noch jungen '89er Saison, geliefert von einer der erfreulicheren Dinosaurierreunions der letzten Zeit.

Harald Keller

Rare Earth spielen heute abend im Pumpwerk, Wilhelmshaven und am 9.2. in der Randzone in Delmenhorst.