Abgehangen wie guter Parmaschinken

■ Lucio Dalla und Gianni Morandi auf Tournee durch die BRD

Eine graue, etwas schäbige Fabrikwohnung. Vor den großen Fenstern fällt der Schnee in dicken Flocken. Ein kleiner Dicker mit Halbglatze wälzt sich aus einer speckigen Bettdecke, oben kommt ein Mann im Unterhemd aus dem Bad, noch den Rasierschaum um den Mund. Da öffnet sich die Tür, aus dem Schneesturm tritt ein Dritter herein, den Mantelkragen hochgeschlagen, mit Schnee bedeckt. Winterstimmung in Manhattan - wenn da nicht plötzlich ein Saxophon von der Decke gelassen würde, der Frischrasierte einen Bass hielte und 7 000 Zürcher in begeisterten Jubel ausbrechen, als sich die kleine Halbglatze vom Bett bemühte und Frühsport markiert.

Der Dicke ist nämlich Lucio Dalla, der mit dem Schnee auf dem Mantel Gianni Morandi, beide seit Jahrzehnten zwei große Stars der italienischen Musikszene und jetzt zusammen auf Tournee. Und sie haben für ihre Show ein Bühnenbild dabei, das zu den witzigsten und schönsten der Popmusik gehört.

Am Freitag abend gaben sie ihr Debüt außerhalb Italiens, wobei man dies relativieren muß, denn im Zürcher Hallenstadion hieß es „Man spricht italienisch“, die große italienische Gemeinde der Stadt schien (fast) vollzählig versammelt. Denn Dalla und Morandi, das sind seit Jahrzehnten große Namen in Italien, beide haben viele Millionen Platten verkauft und als sie im vergangenen Sommer 32 Freiluftkonzerte in Italien gaben, standen die Fans Kopf, kamen 500 000 Besucher.

Dalla und Morandi zusammen im Konzert, das wäre auf deutsche Verhältnisse kaum zu übertragen. Hier der intellektuelle, nachdenklich-politische Liedermacher Dalla, dort der strahlende San-Remo-Typ Morandi. Doch die beiden kennen und schätzen sich seit vielen Jahren, arbeiten zusammen und von Dalla weiß man sowieso, daß er ungern allein große Solotourneen absolviert. So kam diese ungewöhnliche und ganz spannende Kombination zusammen, die es wohl wert ist, daß man sie auch bei uns zur Kenntnis nimmt. Denn Dalla und Morandi zeigen uns nicht nur ein langes, schönes Stück italienischer Popkultur, sondern bieten eine erstklassige, auch in musikalischer Hinsicht ungewöhnlich gute Produktion. Die beiden italienischen Altstars, wenn man so will gereift und abgehangen wie guter Parmaschinken, machen einfach Spaß.

Nach Deutschland kommen sie am 12. März, es folgen Konzerte in Düsseldorf (14. März), Mannheim (16. März), Stuttgart (17. März), Frankfurt (26. März) und Hamburg (28. März).

Frank Heidmann (dpa)