Kein schwedisches Atomklo für die BRD

Genehmigung für Atommüllverbrennung im schwedischen Studsvik nur noch bis 1.Juni verlängert / Grenzwerte weit überschritten / 60 Prozent des Atommülls kommen aus der BRD  ■  Von Reinhard Wolff

Nyköping (taz) - Nur noch bis zum 1.Juni hat die Genehmigungsbehörde der Provinzregierung im schwedischen Sörmland in Nyköping der staatlichen Studsvik AB die Verbrennung von „leichtradioaktivem“ Atommüll gestattet. Die Entscheidung fiel am Freitag letzter Woche nachdem bekannt geworden war, daß die aus den Schornsteinen entweichende Abluft die genehmigten Grenzwerte um das mehr als zwanzigfache übersteigt. Die Meßwerte der vor den Toren Nyköpings liegenden Fabrik waren im Dezember von der Umweltbehörde veröffentlicht worden und bestätigten die schon lange geäußerten Befürchtungen von Atomgegnern.

Seit 14 Jahren verbrennt die Studsvik AB dort Atomabfall. Aus den Abluftschornsteinen entweichen neben Radioaktivität auch verschiedene Dioxine. Der Dioxinausstoß offenbarte, wie technisch veraltet und im Reinigungseffekt ungenügend die Anlage mittlerweile ist.

Die kommunalen Behörden forderten nach entsprechendem Druck der von Umweltschützern mobilisierten Öffentlichkeit einen sofortigen Stopp der Atommüllverbrennung. Da aber das schwedische Umweltschutzgesetz ausdrücklich auch die Berücksichtigung wirtschaftlicher Interessen vorschreibt, entschloß sich die Genehmigungsbehörde zu einer begrenzten Verlängerung der Betriebserlaubnis. Für Margarete Andersson von der sörmländischen „Umweltfront“ sind diese wenigen Monate noch zuviel: „Es muß endlich Schluß damit sein, daß wir das Atomklo für Westdeutschland sind.“

In Studsvik wird radioaktiver Müll verbrannt und gelagert. 600 Tonnen waren es bislang jährlich, davon kamen 60 Prozent aus der Bundesrepublik. Das im staatlichen Eigentum stehende Unternehmen ist vor allem ein gutes Geschäft. Umgerechnet 17 Mark werden für die Verbrennung von einem Kilo radioaktivem Müll verlangt. 600 Tonnen ergeben somit um die zehn Millionen Mark im Jahr. Und das mit einer Anlage, in die seit Jahren praktisch nicht mehr investiert wurde.

Studsvik-Direktor Hakonsson gibt zu, daß sich die Anlage wirtschaftlich nur rentiert wegen der Atommüllgeschäfte mit der Bundesrepublik: „Wir sind betriebswirtschaftlich abhängig von dem westdeutschen Atommüll. Ohne dieses Geschäft müßten wir dichtmachen und Schweden müßte im Ausland einen Abnehmer für die eigenen radioaktiven Abfälle suchen.“ Letzteres muß stark bezweifelt werden. Selbst seitens der Atomwirtschaft mehren sich die Stimmen, daß die Verbrennung des leichtaktiven Abfalls unsinnig sei und unnötige gesundheitliche Risiken mit sich bringe. Viel sinnvoller sei es, diese Abfälle zu pressen und in einer sicheren Deponie endzulagern. Eine erste solche Deponie hat man beim AKW Oskarshamn bereits angelegt.

Warum dann überhaupt noch in Studsvik verbrannt wird, fragt die „Umweltfront“ und gibt die Antwort selbst: Die Endlagerung von ausländischem Atommüll ist in Schweden gesetzlich verboten. Will man also am internationalen Atommüllgeschäft teilhaben, muß man den Atommüll verbrennen.