Gorbatschow reist nach China

■ Erster sowjetisch-chinesischer Gipfel seit 30 Jahren / Umschwung in den Beziehungen durch Verständigung über Kamputschea möglich / Programm zur Zukunft Kamputscheas unterzeichnet

Berlin/Peking (taz/dpa) - Der sowjetische Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow wird vom 15. bis 18.Mai China besuchen. Dies gab das chinesische Außenministerium in einer von der amtlichen Presseagentur Xinhua verbreiteten Erklärung offiziell bekannt. Es ist das erste sowjetisch -chinesische Gipfeltreffen seit dreißig Jahren. Möglich wird das Treffen nicht zuletzt durch eine von den Außenministern beider Staaten erreichte Verständigung über Kamputschea. Zum Abschluß seines Besuchs in China unterzeichneten der sowjetische Außenminister Eduard Schewardnadse und der führende chinesische Politiker Deng Xiaoping vergangenen Samstag ein Neun-Punkte-Abkommen über die Zukunft des von Vietnam besetzten Kamputschea.

Das von der Sowjetunion unterstützte Vietnam hatte 1978 mit seinem Einmarsch in Kamputschea das von den Chinesen protegierte Pol-Pot-Regime von der Macht vertrieben. Vor kurzem nun hatte Vietnam den Rückzug seiner Truppen aus seinem westlichen Nachbarland angekündigt.

Nach dem Neun-Punkte-Abkommen vom Wochenende sollen China und die Sowjetunion ihre Hilfe für die jeweiligen Konfliktparteien zunächst reduzieren und dann ganz einstellen. Beide Seiten hätten sich, so meldete Xinhua, auf ein „effektives Kontrollsystem“ und eine „internationale Garantie zur Sicherstellung eines unabhängigen, friedlichen, neutralen und blockfreien Kamputscheas“ vorgeschlagen. Bis Ende September dieses Jahres soll der Truppenrückzug der Vietnamesen abgeschlossen sein. Differenzen gibt es nach wie vor noch über die Zusammensetzung der Übergangsregierung nach dem Abzug der Vietnamesen. Während China den Rücktritt der derzeitigen Regierung Han Sen fordert, will die sowjetische Seite das Han-Sen-Regime auch nach dem Abzug noch an der Macht halten, das dann als Übergangsregierung freie Wahlen organisieren soll. Peking favorisiert jedoch eine Vier-Parteien-Regierung unter Führung von Prinz Sihanouk.

Die kamputscheanischen Friedensverhandlungen finden vom 19. bis 21.Februar in Djakarta statt. Neben Vertretern aus Vietnam und aus nichtkommunistischen südostasiatischen Staaten werden auch die drei kamputscheanischen Oppositionsgruppen daran teilnehmen.

Ungeachtet der sowjetisch-chinesischen Meinungsverschiedenheiten scheint der Reise Gorbatschows nach China nun nichts mehr im Wege zu stehen. Laut Xinhua hat sich Peking befriedigt darüber geäußert, daß Moskau seinen Verbündeten Vietnam zum Rückzug aus Kamputschea bewegt habe. Nach der jahrzehntelangen Eiszeit zwischen China und der Sowjetunion symbolisiert der Gipfel nach Ansicht beider Seiten eine Normalisierung in den chinesisch -sowjetischen Beziehungen.

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