Harmoniekur in Sevilla

■ Kohl und Gonzalez einig über Europäische Bundespolizei und gemeinsame EG-Position bei Wiener Abrüstungsgesprächen

Berlin (dpa/taz) - Rundum zufrieden mit seinem dreitägigen Besuch in Spanien flog Bundeskanzler Kohl gestern nach Bonn zurück. In der Tat zeigte sich bei dem fünften deutsch -spanischen Gipfel derart weitgehender Konsens in europapolitischen Fragen, daß Spaniens Zeitungen in gelangweilter Diskretion über den Besuch des Kanzlers berichteten - sehr zu Unrecht. Denn Gonzalez und Kohl einigten sich auch auf eine engere Zusammenarbeit der Polizeibehörden. Dies sei nach dem Wegfall der innereuropäischen Grenzen nötig, um sich der internationalen Kriminalität, des Terrorismus und Drogenhandels zu erwehren.

Spaniens Regierung hatte am Sonntag angekündigt, Madrid werde als amtierende EG-Präsidentin den anderen Mitgliedern in Kürze ein „Weißbuch“ über die Abschaffung der Personenkontrollen innerhalb der EG vorlegen. Im Mittelpunkt steht der Plan einer europäischen Polizei, ähnlich der amerikanischen Bundespolizei FBI. Ferner möchte Spanien dem „Schengen-Abkommen“ beitreten, dem bereits neben der BRD die Benelux-Staaten und Frankreich angehören, und das unter anderem eine Harmonisierung des Asylrechts sowie die Einrichtung einer europäischen Computerdatei für die Polizei vorsieht. Gegenüber Gonzales hatte sich Kohl für die Verlegung von Tiefflügen nach Spanien starkgemacht und zeigte starkes Interesse an der Lieferung eines Nachrichtensatelliten.

Wie Regierungssprecherin Rosa Conde mitteilte, versuchten die beiden Regierungschefs, eine gemeinsame Position für die Wiener Verhandlungen mit dem Warschauer Pakt zu formulieren. Gonzalez sprach sich dafür aus, daß die Nato bei ihrer nächsten Tagung in London die Möglichkeit für „eine drastische Reduzierung“ der Kurzstreckenwaffen und konventionellen Waffen prüfen sollte. Dies solle jedoch nicht, schränkte Gonzalez ein, im Rahmen einer „Nullösung“ geschehen und bedürfe ernsthafter Garantien von Seiten des Warschauer Paktes.

Bundesaußenminister Genscher hat in Sevilla die Unterstützung Spaniens für die neue Initiative Bonns zur Verhinderung der Ausbreitung von chemischen Waffen erhalten. Außerdem will Genscher eine beschleunigte Verabschiedung der EG-Bestimmungen hinsichtlich der Exporte von Komponenten, die zur Herstellung von B-Waffen verwendet werden können.

smo