Kein Wohnungsausverkauf

■ Interview mit dem Kreuzberger Baustadtrat Orlowsky zur Übertragung städtischer Wohnungen an Gemeinnützige

Die Bezirke Zehlendorf, Schöneberg, Tempelhof, Steglitz, Wilmersdorf und Kreuzberg wollen die Linie des alten CDU/FDP -Senats nach den Wahlen nicht länger verfolgen und die Übertragung von städtischen Wohnungen an gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften vorerst auf Eis legen. Sie hatten bereits früher die Übertragung von insgesamt 12.000 Wohnungen kritisiert. Nun wollen sie die Entscheidungen eines neuen Senats abwarten.

taz: Sie gehören zu den härtesten Kritikern der Übertragungspolitik, erwarten Sie diesbezüglich nun eine grundsätzliche Wende?

Werner Orlowsky: Wir hatten ja vorher schon in den bezirklichen Bürgerbeteiligungsgremien und in der BVV Diskussionen und wollten keineswegs eine solche vom alten Senat geplante En-Block-Übertragung an möglicherweise nur eine Gesellschaft. Vielmehr muß ein erheblicher Bestand an Wohnungen in der Verfügbarkeit des Bezirkes verbleiben, um mietenpolitisch und im Hinblick auf soziale Problemfälle, etwa Leute, die von keinem Vermieter mehr aufgenommen werden, eine Manövriermasse an Wohnungen zu haben. Natürlich ergeben sich jetzt dafür neue Chancen, zumal in Kreuzberg noch keine Wohnungen übertragen worden sind. Im Gespräch waren rund 2000. Der künftige Bürgermeister König will zunächst die Entscheidungen im neuzubildenden Senat abwarten.

Sie hatten ja damals Alternativvorschläge, werden die jetzt wieder aus der Schublade geholt?

Ja natürlich. Es muß eine volle Mitsprache der Mieter über Art und Umfang der Erneuerungsmaßnahmen gesichert sein. Ebenso der ökologische Stadtumbau, wie wir das etwa am Heinrichplatz am Block 103 verfolgen. Außerdem gibt es Alternativen zur Übertragung an Wohnungsbaugesellschaften. Sozialorientierte Träger, die sich in Kreuzberg entwickelt haben wie etwa Stattbau, das sozialpädagogische Institut und der Kiezträger in SO36, sollten berücksichtigt werden, aber auch Hausvereine und Mietergemeinschaften.

Haben sich schon Interessenten gemeldet?

Nein, nach meiner Kenntnis noch nicht, jetzt wird erstmal abgewartet, wie der neue Senat aussehen wird. Wie die Alternative zur Übertragung genau aussehen wird, müssen in Kreuzberg AL und SPD noch klären. Alle Bezirke, in denen es eine rot-grüne Mehrheit gibt, sollten das Machtvakuum nutzen, um eine Wende auch auf Landesebene durchzusetzen.

Wollen Sie immer noch Bausenator werden?

Daß ich das unbedingt werden will und mich vor Ehrgeiz verzehre, das ist überhaupt nicht der Fall. Aber unter Umständen würde ich mich zur Verfügung stellen.

Interview: bim