Tierschutz-Frauen-Dritte-Welt-Liebesfilm

■ „Gorillas im Nebel“ (UT) rührt anständig zu Tränen, Green Peace Beitritt und den Wunsch nach mehr Problemen im Gorilla-Format

„In diesem Koffer ist mein Make-up, mein Nagellack, mein Haartrockner und meine BHs. Ohne diesen Koffer gehe ich nicht in den Urwald.“ (Sigourney Weaver/Dian Fossey in „Gorillas im Nebel)

„Eine hagere, über 1 Meter 80 große Riesin, harsch, fast immer abweisend, männlich wirkend.“ (Axel Thorer in ESQUIRE über Dian Fossey)

Es ist die Szene mit dem Make-up Köfferchen, die „Gorillas im Nebel“ (ein Verleih-Titel, der trotz der zugegebenerweise trefflicher Übersetzung des Originaltitels „Gorillas In The Mist“ anständige Kinomenschen in tiefe Skepsis stürzen wird), es ist also die Koffer-Szene, die den ausgewiesenen Tierschutz-Film zum Frauenfilm macht. Zum Tierschutz -Frauen-Liebes-Dritte-Welt-Film. Mehr kann man wirklich nicht verlangen.

Sigourney Weaver („Aliens“, „Ghostbusters“) ist eine Dian Fossey von charmanter Spitzbuben-Souveränität, eine Frau, die Lippenstift und Nagellack auf die Spesenrechnung der National Geographics setzt und mit einem wirklich schönen Diamantring zum Affenerhalt in den Urwald von Ruanda zieht. Und all die Versatzstücke dekorativer Weiblichkeit machen, daß man die „Nai-iramazibili“, die Frau-die-allein -im-Urwald-lebt, im Film nicht als vierschrötigen Buschtante beguckt, sondern als ganz normale Frau, die sich die Haare fönt und trotzdem selbstbewußt zu sein scheint. Die Frauenbewegung wird ein paar Positionen neu überdenken müssen.

In „Gorillas im Nebel“ erzählt also Regisseur Michael Apted („Gorky Park“) die Geschichte der Dian Fossey, die 1985 im Regenwald von Ruanda unter mysteriösen Umständen ermordet wurde und vorher die lokale Wil

derei-und Tierhandel-Szene ordentlich aufgemischt hat. Mit 31 schlecht oder gar nicht bezahlten Wildhütern hat sie immerhin 20 Jahre lang, leidenschaftlich bis verbissen versucht, ein Gebiet so groß wie ein deutsches Bundesland vor Menschen zu schützen, die Berggorillas für eine touristische Attraktion, Aschenbecher-Lieferanten (Hände) oder Sammlertrophäen (Köpfe) halten.

Es ist ein Film geworden, der 1. alle rührseligen Klippen des Arme-unschuldige-Tiere-schützen-Kitsches gerade so zart umschippert, daß man trotzdem noch verschämt in der Augengegend mit Zelluslosetüchlein herumnestelt, der 2. den „Das sind meine Affen„-Imperialismus der Erste-Welt -Forscherin daherzeigt, ohne daß ihm was besseres einfällt als wutschnaubende Arroganz gegenüber Menschen, deren ökonomisches Elend, die Welt, aus der die Schlau-Forscher kommen, schließlich mit zu verantworten hat, und der 3. in der Lage ist, Empörung und Engagement für bestimmt fünf Stunden nach Filmende zu bündeln, in denen man Greenpeace beitreten oder dem WWF spenden möchte, bevor man ins Bett geht, und glaubt alle Probleme der Welt wären von diesem handlichen Berggorilla-Format, ohne den ganzen vertrackten Rest. Und alle Probleme der Welt wären zu kuschelpelzig dankbar für unsere Mühen, würden ihre großen schwieligen Problemtatzen in unsere kleinen weißen Retterhände legen, eine Szene im hoffnungsgrünen Urwaldgebüsch, die etwas von diesem Glücksgefühl vermittelt, das ich hatte, als ein wildlebendes Streifenhörnchen auf Fuertuventura in Sichtweite meinen Butterkeks fraß. Wer den „Smaragdwald“ mochte, wird diesen Film lieben.

Petra Höfer