Fußballstadion statt Frauenhaus

■ Radikale Sparpolitik zu Lasten der Frauen: Dem Mannheimer Frauenhaus droht das Aus

Minus 41,5 Prozent. Diese radikale Kürzung der Zuschüsse sieht der neue Haushaltsentwurf der Stadt Mannheim für das örtliche Frauenhaus vor. Dem einzigen selbstverwalteten Frauenprojekt, dem die Stadt Zuschüsse gewährt, droht damit das Aus. Die Rotstiftpolitik der Stadt-„Väter“, die derzeit bemüht sind, ihre desolate Haushaltspolitik der Vergangenheit ins Lot zu bringen, hat so eine besondere politische Note: Männerhobbys bleiben ungeschoren, während Frauenbedürfnisse nicht ernst genommen werden. So sehen es die betroffenen Frauen. Gemeint ist beispielsweise der geplante Stadionbau für den abstiegsgefährdeten Mannheimer Fußball-Bundesligisten SV Waldhof, für den in der mittelfristigen Haushaltsplanung 22 Millionen Mark veranschlagt sind. Oder ein Schuldenerlaß in Höhe von 381.000 Mark für die Profis des Eishockey-Clubs MERC.

Im Vergleich dazu nimmt sich die Einsparung der Stadt beim Frauenhaus von 220.000 Mark geradezu lächerlich aus. Anstatt bisher 530.000 Mark soll das Frauenprojekt nur noch 310.000 Mark pro Jahr erhalten, und das, obwohl der Bedarf an Unterbringungsmöglichkeiten für geschlagene Frauen und ihre Kinder ständig wächst. 128 Frauen mit 101 Kindern suchten im vergangenen Jahr im Mannheimer Frauenhaus Zuflucht, weil sie von ihren Männern seelisch oder körperlich mißhandelt wurden. 132 Frauen konnten aus Platzmangel - das 1981 gegründete Frauenhaus besitzt nur 36 Betten und ist immer voll belegt - nicht aufgenommen werden. Sie wurden an andere Einrichtungen weitergeleitet oder vorübergehend in einem Hotel untergebracht.

„Für das Mannheimer Frauenhaus würde die Kürzung praktisch das Aus bedeuten“, erklärt Martina Schwarz, Sozialpädagogin im Frauenhaus, „denn von den bisher neun Stellen müßten vier gestrichen werden.“ Damit wäre die qualifizierte Betreuung der Frauen nicht mehr gewährleistet. „Gerade die begleitenden Maßnahmen, die Hilfe bei Ämtergängen, die Suche nach Arbeit und Wohnung, und vor allem die psychologische Betreuung sind ein Schwerpunkt unserer Arbeit.“ Auch die SPD -Bundestagsabgeordnete Konstanze Wegener, die zu den Mitbegründerinnen des Frauenhauses gehört, sieht, falls es zu dieser radikalen Kürzung kommt, große Probleme für das Projekt. „Die Stadt Mannheim kann nicht erwarten, daß die Mitarbeiterinnen jetzt ehrenamtlich arbeiten und geduldig sind. Ohne qualifiziertes Personal geht es einfach nicht.“

Auch für das Fraueninformationszentrum (FIZ), das mit dem Frauenhaus eng zusammenarbeitet, sieht es düster aus. Das FIZ gilt als Außenbüro des Frauenhauses und als erste Anlaufstelle für mißhandelte Frauen und ihre Kinder. Und auch die Frauen, die es geschafft haben, sich während des Aufenthalts im Frauenhaus eine eigene Existenz aufzubauen, treffen sich im FIZ, um im Gespräch mit den Sozialarbeiterinnen ihre Erfahrungen zu verarbeiten.

Die endgültige Entscheidung über den neuen Haushaltsentwurf fällt in diesem Monat. Doch die Chancen für den Erhalt des Frauenhauses in seiner jetzigen Funktion stehen schlecht, denn SPD und CDU, die im Gemeinderat die Mehrheit stellen, schließen sich dem Vorschlag der Verwaltung an.

Anette Reimann