Passauer CSU-Fanfaren verstopft

Erster politischer Aschermittwoch der CSU ohne Einpeitscher Strauß / Streibl hat beim Wahlvolk die Nase vorn / Warnung vor Wählerstimmen für Republikaner, die nur den Linken zugute kommen  ■  Aus Passau Luitgard Koch

„Die Fanfaren von Passau klingen Freund und Feind in ganz Deutschland in den Ohren“, versicherte CSU-Generalsekretär Erwin Huber dem angereisten Parteivolk in der Passauer Nibelungenhalle nach dem gestrigen politischen Aschermittwoch der CSU. Doch mit diesem Vergleich, der bereits die Seite 1 der erzkonservativen 'Passauer Neue Presse‘ zierte, konnte der Parteimanager nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Töne auf diesem ersten Aschermittwoch ohne Strauß im „Stammlokal des Vereins für deutliche Aussprache“ weniger deftig waren.

Aus Angst, ihren Politauftrieb vor nicht vollbesetzter Halle veranstalten zu müssen, wurden bis zum letzten Ortsverein alle mobilisiert. Nach CSU-Angaben waren es schließlich 8.000, und etliche der Angereisten mußten am Rande stehen und waren verärgert. Um die aufgebrachten Gemüter zu beruhigen, versprach ihnen ihr Parteivorsitzender Theo Waigel eine Brotzeit. Für den Schwaben Waigel, der zum ersten Mal in der Nibelungenhalle auftrat, kam es vor allem darauf an, den CSU-Anhängern zu beweisen, daß er weder ein „schwäbischer Kohl“ noch ein „sprachlicher Softie“ sei. In seiner knapp zweistündigen Rede gelang ihm das jedoch nur teilweise. Obwohl die beiden Strauß-Erben Streibl und Waigel immer wieder betonten, zwischen ihnen gebe es keine Differenzen, wurde der neue Ministerpräsident mit stehenden Ovationen von seinen Untertanen gefeiert. „Theo Waigel und mich bringt keiner auseinander“, versicherte Streibl schwitzend.

„Wir dürfen kein Reserveasylland in der EG werden, und schon gar nicht kommt für uns ein Ausländerwahlrecht in Frage“, wetterte der sonst eher farblose Landesvater über die begeistert klatschende Menge hinweg. In Sachen Ausländerwahlrecht werde die CSU vor das Karlsruher Bundesverfassungsgericht ziehen, drohte er. „Wir von der CSU wollen keine multikulturelle Gesellschaft.“ Um den rechten Rand wieder stärker an die Partei zu binden und einen weiteren Siegeszug des Republikanerführers Schönhuber zu verhindern, forderten sowohl Waigel als auch Streibl verstärkt die Verschärfung der Sicherheitsgesetze, Vermummungsverbot und Einführung der Kronzeugenregelung sowie eine Grundgesetzänderung in Sachen Asylrecht. Um zu verhindern, daß ganze Polizeieinheiten zu den Republikaneren überlaufen könnten, rief Streibl in den Saal: „Polizei und Bundeswehr, wir, die bayerische Regierung stehen hinter ihnen.“ Ihre Warnung an die Abtrünnigen: „Jede Stimme für die Republikaner stärkt das linke Lager. Weiter versicherte Streibl: „Wir in Bayern haben keinen Nachholbedarf in nationaler Identität.“ Die Bayern seien stärker gegen Rechtsradikale vom rechten Flügel gefeit, da „wir ein besseres Heimatbewußtsein haben“, behauptete er und schmeichelte seiner Zuhörerschaft.

Auch die Wiedervereinigung Deutschlands stand ebenso auf dem Programm wie die Bündnistreue zur Nato, trotz Tauwetter aus dem Osten. Verbales Verständnis wurde dagegen den momentanen Studentenprotesten entgegengebracht, denn im Gegensatz zu ihren Kollegen in den 68ern hätten sie nichts mit Revolution im Sinn. „Wir sind keine Hampelmänner“, polterte zwar Ministerpräsident Streibl in Richtung Bonn, aber insgesamt ging man mit der Bonner Regierung weniger hart ins Gericht als in den Vorjahren. Der Name Geißler kam den beiden CSU-Rednern nicht über die Lippen.

„Die Republikaner sind mit dem Lied 'Das macht die Berliner Luft‘ eingezogen, ich glaube, wir sollten bei bayerischer Luft und bayerischem Defiliermarsch bleiben“, so der Redner weiter. Freilich lag dieses Jahr weniger Bierdunst als in den vergangenen Jahren in der Luft, ob das jedoch den rechten CSU-Fans genügt, wird sich beim nächsten Aschermittwoch herausstellen.

In Vilshofen wertete der bayerische SPD-Vorsitzende Schöfberger den derzeitigen Richtungsstreit in der Union als Signal für eine tiefgreifende Krise der Regierungskoalition: „Die CSU strebt nach rechts - die CDU strebt in die Mitte.“