Blauer Montag, lustig

■ „Eine Seefahrt ist die lustig?“ heißt das neue Programm im „Theater im Keller“ (tic) des niederdeutschen Ernst-Waldau-Theaters. Eine Frau auf Bananendampfern und Tankern

„Eine Seefahrt ist die lustig? “, heißt das neue Programm im „Theater im Keller“ in Walle, wo montags Lieder und Teste sowie - jeweils zum Programm passend und im Preis inbegriffen - Essen und Trinken geboten werden. Diesmal Labskaus und 'n Schluck Rum.

Der Charakter der Blauen Montage wird wesentlich mit dadurch geprägt, daß SchülerInnen der dem Theater angeschlossenen Schauspielschule eine erste Gelegenheit zum öffentlichen Auftritt erhalten. Aber nicht ausschließlich. Es sind auch Spitzenkräfte des Theaters am Programm beteiligt wie kElfie Schrodt, Rolf B. Wessels und die Chefin des Hauses, Ingrid Andersen, die auch Confrencier des Abends ist.

Sie bitte eingangs um Verständnis für den Fall, daß nicht alles perfekt klappt. Und wirklich: wenn einen Neuling Lampenfieber überfraut, und plötzlich der Text weg ist, hilft das Publikum schmulzend aus und singt den Text mit und vor: Es kennt den Text.

Tiefsinnig und sachkundig, kann man ohne Übertreibung sagen, ist die Conference von Ingrid Andersen, ohne deshalb humorlos zu sein. Sie trägt, was bei der Auswahl der Lieder nicht so recht

gelingt, dem Thema des Abends Rechnung.

Die Betrachtungen über die Realität der Seefahrt in Geschichte und Gegenwart machen deutlich, daß Seefahrt als Berufsalltag alles andere als lustig war und ist. Sie berichtet vieles aus eigener Anschauung. Daß sie die ganze Welt befahren hat, erklärt sie glaubwürdig, und nur einmal (und nie wieder!) ist sie auf einem Luxus-Liner gewesen, sonst auf Bananendampfer, Frachtern und Tankern. Was sie zum Thema sagt, spürt man deutlich, ist nicht angelernt.

Bei den Liedern kommt diese Seite des Themas notgedrungen zu kurz. Sie wäre nur durch Shanties darstellbar, die ja Arbeitslieder waren mit der Doppelfunktion, die harte, oft brutale Arbeitsatmosphäre aufzulockern und andererseits in die häufig monotone Arbeit Rhythmus und Takt zu bringen. Aber Shanties sind, das liegt in ihrer Natur, schlecht durch ein überwiegend aus Frauen bestehendes Ensemble darzubringen.

So bleibt es weitgehend bei Liedern aus dem Freizeitbereich: Seefahrtsromantik, Hafen, Liebe und (Un -)Treue, durchweg sehr einfühlsam und gekonnt dargeboten. Wir können nicht alle Mit

wirkenden aufzählen, aber Sabine Junge ist noch zu erwähnen, die ein paar Gedichte von Ringelnatz spricht, und natürlich Georg Spiegel, der alle Lieder auf dem Akkordeon begleitet. Und wenn Rolf B. Wessels singt, kommen einem tatsächlich Erinnerungen an Hans Albers.

Berni Kelb

„Blauer Montag“: Jeden Montag um 8.30 Uhr, außer am 10.2.89