„Nationale Sammlung“ im Untergrund

Innenminister verbot gestern die neue Kühnen-Truppe „Nationale Sammlung“ (N.S.) / Insgesamt 42 Wohnungen bundesweit durchsucht / Propagandamaterial und Munitionskiste beschlagnahmt / Der „Führer“ in München?  ■  Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Wiesbaden/Frankfurt/München (taz) - Ausländerhaß war das wichtigste Argument, wenn es um die Werbung neuer Anhänger ging. Wo immer der Ex-Bundeswehrleutnant Michael Kühnen und seine „Nationale Sammlung“ (N.S.) auftraten, benutzten sie Gastarbeiter und Asylbewerber als Wahlpropaganda. Jetzt hat Bundesinnenminister Zimmermann (CSU) die neonazistische N.S. verboten. Die am 27.1. in Abstimmung mit den Innenministern der Länder konzipierte Verbotsverfügung stellt fest, daß sich die N.S.-Aktivitäten „gegen die verfassungsmäßige Ordnung“ richtet und durch die Pamphlete und Auftritte der Gruppierung der Ausländerhaß geschürt werde. Im gesamten Bundesgebiet wurden gestern Wohnungen von N.S.-Anhängern durchsucht.

Auf einer Pressekonferenz in Wiesbaden erklärte der hessische Innenminister Gottfried Milde (CDU), daß er schon im November 88 bei Zimmermann ein Verbot der N.S. angeregt habe. Laut Milde ist die N.S. eindeutig eine Nachfolgeorganisation der verbotenen „Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten“ (ANS/NA). Sowohl in Frankfurt als auch im südhessischen Langen hatte die Kühnen-Truppe unter der Bezeichnung „Ausländer raus Nationale Sammlung“ ihre Kandidatur zu den hessischen Kommunalwahlen am 12.März angekündigt. In beiden Städten konnten sie die notwendige Unterstützungsunterschriften für die Zulassung auftreiben. Formal hatte die N.S. damit am Rosenmontag die Voraussetzungen für die Zulassung durch die Wahlausschüsse Fortsetzung auf Seite 2

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erfüllt. Das Verbot gibt jetzt den Wahlausschüssen, die am Freitag tagen, die Möglichkeit, der Liste „Ausländer raus Nationale Sammlung“ die Zulassung zu verweigern. Entsprechend kommentierte der Langener Bürgermeister Kreiling (SPD) das Verbot des Innenministers: „Wir fühlen uns erleichtert.“ Auch der Sprecher des Langener Antifa -Bündnisses, Klaus-Peter Meeth, begrüßte die Verbotsverfügung.

Bei der Durchsuchung der 42 Wohnungen von N.S.-Mitgliedern

-mit Schwerpunkt in Hessen - beschlagnahmte die Polizei zentnerweise N.S.-Propagandamaterial sowie Mitgliedsausweise und Hakenkreuzabzeichen. In der Frankfurter Wohnung von Michael Kühnen und seinem Langener „Statthalter“ Thomas Brehl fanden die Beamten darüber hinaus eine „gefüllte Munitionskiste“. Dennoch sei Kühnen, der sich laut Innenministerium zur Zeit in München aufhalten soll, nicht zur Fahndung ausgeschrieben

worden. Auch in NRW, in Schleswig-Holstein, in Bayern, in Bremen in Niedersachen und in Hamburg kam es zu Hausdurchsuchungen bei N.S.- oder FAP-Mitgliedern. In der Wohnung des Bremer FAP-Landesvorsitzenden Seeger fand die Polizei einen Briefwechsel zwischen Seeger und dem zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilten Altnazi Manfred Röder. Außerdem beschlagnahmte die Polizei bei Seeger zwei Ausgaben der linksautonomen Zeitschrift 'radikal‘. Seeger fungierte bei der FAP als „Kameradschaftsführer“ für die N.S. In München fielen den Beamten zwei Schreckschußwaffen mit Munition, ein Luftgewehr, ein noch verschweißter Karabiner, eine Übungsgrante aus Holz, eine Abschußvorrichtung für Böller, drei Funkgeräte, zwei Stahlhelme und eine Gasmaske in die Hände.

Die N.S.-FAP-Gruppe verfügt bundesweit über etwa 500 Mitglieder