Nullt der Bremer DGB Arbeitslose aus?

■ Offener „Arbeitskreis arbeitsloser Gewerkschaftler“ aufgelöst / Künftig gilt das Delegationsprinzip / Arbeitslosenforum befürchtet „handverlesene Delegierte“ / DGB-Chef Möller: „Was wir machen, ist gewerkschaftspolitisch mutig“

„Der Kollege Möller hat nicht mehr drauf als Lippenbekenntnisse!“ Bernd Ohms vom Bremer Arbeitslosenforum ist skeptisch. Für Aufregung bei der Arbeitslosen -Dachorganisation sorgt ein Beschluß des DGB-Kreisvorstandes vom 30. Januar, den Bremer Arbeitslose selber angeleiert haben. Danach wird der bisherige öffentlich tagende „Arbeitskreis arbeitsloser Gewerkschafter“ aufgelöst. An seine Stelle soll ein Gremium treten, das sich aus Delegierten der Einzelgewerkschaften zusammensetzt. DGB -Organe wie Frauenausschuß, Kreisjugendausschuß, Ausländer und Schwerbehinderten-Arbeitskreis sollen ebenfalls VertreterInnen in den illustren Kreis schicken. Nicht mehr basisdemokratisch und öffentlich, sondern stramm mit Delegiertenschlüssel als „Personengruppe“ soll die ge

werkschaftliche Arbeitslosen arbeit künftig in die Hufe kommen. Neben dem Arbeitskreis haben sich bisher nur GEW, ÖTV und, in Ansätzen, die IG Metall ihrer arbeitslosen Mitglieder angenommen.

Der Kreisvorstands-Beschluß zieht den Schlußstrich unter fünf Jahre „wenig öffentlich wirksame“ (Möller) Arbeitslosenarbeit.

Hoffnungsvoll hatte das Unterfangen 1984 begonnen: 70 GewerkschafterInnen ohne Jobs gründeten damals im DGB-Haus einen offenen Arbeitskreis. DGB-Briefpapier und seine Frankiermaschine stellte der Kreisvorstand zur Verfügung. Sitz und Stimme für die arbeitslosen KollegInnen in dem erlauchten Gremium lehnte er jedoch strikt ab. Der unverbindliche Status der Arbeitsgruppe, das Abbü

geln von Vorschlägen und bürokratischer Leerlauf sorgten für Frustration bei den Arbeitslosen. Bei seiner Auflösung hatte der Kreis gerade noch ein Dutzend MitstreiterInnen.

Das neue Konzept gewerkschaftlicher Arbeitslosenarbeit, im DGB-Jargon Personengruppenstatus genannt, hatte der Arbeitskreis selber vorgeschlagen und über die HBV in den Kreisvorstand hineingetragen. Es orientiert sich an der Jugendarbeit des DGB: Während die 17 DGB -Einzelgewerkschaften ihre Mitglieder sonst strikt entlang der

Betriebe organisieren, wählen Jugendliche ihre VertreterInnen auf Ortsebene. Was für Menschen in Lohn und Brot von Vorteil ist, wird für Arbeitslose zu einem großen Handicap: die Fixierung der Gewerkschaftsarbeit auf die Betriebe. Die Betriebs- und Fachgruppen kümmern sich nämlich nicht um die Rausgeschmissenen. Ein Beispiel von vielen: Forum-Sprecher und HBV-Mitglied Michael Burwitz wollte wissen, warum er als Arbeitsloser nicht mehr zu gewerkschaftlichen Treffs eingeladen wird. Antwort eines Funktionärs: „Du bist in un

serer Kartei ausgenullt. Deshalb konnten wir dich nicht einladen.“

Das Bremer Arbeitslosenforum trauert der Liquidierung des alten öffentlichen Arbeitskreises nicht nach. Bernd Ohms: „Über diesen Beschluß freuen wir uns“. Jahrelang habe das Forum für den Personengruppenstatus gestritten. Jetzt sorgt sich das Forum, daß der Beschluß undemokratisch umgesetzt und die künftigen Delegierten von Heinz Möllers Leuten in den Einzelgewerkschaften „handverlesen“ werden. Mitglieder von Arbeitslosenforum und ehemaligem Arbeitskreis wären

außen vor.

DGB-Chef Möller weist derartige Vorwürfe weit von sich: „Mehr Diskussion und Beteiligung ist nicht möglich! “ Die Einführung des Personengruppenstatus‘ für die „fachkompetente“ Vertretung der Arbeitslosen erfordere eine Satzungsänderung, die eigentlich erst der nächste DGB -Bundeskongreß 1990 beschließen könne. Bremen greife dem also vor. „Was wir hier machen, ist gewerkschaftspolitisch mutig! “

Günter Beyer