Die Angst der AL vor der Behörde

■ AL-Umweltschützer haben Angst vor der Macht / Auch ein AL-Umweltsenator ginge als „Katastrophensenator“ baden, fürchten sie / Lieblingskandidat vieler Alternativer: Norbert Meisner (SPD) / Ein AL-Senator hätte zu viele Probleme, zu wenig Mittel, keine Konzepte

Keine rot-grüne Euphorie, sondern eine große Sorge treibt viele Mitglieder der „Alternativen Liste für Demokratie und Umweltschutz“ um: man könnte von ihr verlangen, den Umweltsenator zu stellen. Für die „Umweltpartei AL“ sei es zwar „wichtig“, diesen „symbolisch“ bedeutsamen Posten zu übernehmen, meint Hartwig Berger, in der neuen Fraktion zuständig für Umweltfragen; doch die Probleme benennt ein Mitglied des AL-Umweltbereichs: „Wir wollen alles, aber wir wissen, es geht nicht sofort.“ Auch ein Alternativer, so die Sorge, würde sofort zum „Katastrophensenator“. Gerade er: Denn über Umweltunglücke wie Smog oder neue Bodenverseuchungen würde die Umweltbehörde unter einem Umweltschützer zwar besser aufklären, verhindern könnte auch ein AL-Senator wenig.

Mittlerweile gibt es dennoch zwei Namen. Neben dem ehemaligen AL-Abgeordneten der ersten Stunde und FU -Professoren Martin Jänicke ist der bundesweit prominente Anwalt Reiner Geulen als AL-Umweltsenator im Gespräch. Fast noch öfter allerdings wird ein anderer Name genannt, der von Norbert Meisner, SPD-Schattensenator für Umweltfragen: „Soll der das doch machen.“ Der SPD-Mann bekräftigt mutig seinen „Arbeitsauftrag“ für dieses Ressort. Angst vor der Behörde habe er nicht. Einen expliziten „Anspruch“ will er nicht erheben, gesteht aber auch der AL kein Vorkaufsrecht zu. Den „Eindruck“, daß sich die AL in den letzten Jahren umweltpolitisch besonders profiliert hätte, hat Meisner nicht.

Auch das Umweltprogramm weist nicht Profil-Tiefe, sondern nur Breite auf. Die Liste der „Kernpunkte“, die die AL am Dienstag in den Gesprächen mit der SPD vorlegte, ist lang. Der „Wunschzettel der Berliner Bürgerinitiativen“ mit seinen 53 Spiegelstrichen schreckt auch einen Interessenten für den Senatorenposten, der natürlich nicht genannt werden möchte. Ob die AL denn einen „Provinzheini“ wolle, der sich mit dem Facharbeiterlohn zufriedengebe, um sich dann um die Sanierung der städtischen Kanalisation zu kümmern, anstelle Bundesumweltminister Töpfer Paroli zu bieten?

Klaus Ermer vom AL-Umweltbereich, selber in der Umweltbehörde tätig, verteidigt das Aufgreifen der Basisansprüche: „Es wäre doch irrwitzig, da eine Zensur vorzunehmen.“ Ermer verspricht, im Laufe der Verhandlungen mit der SPD Schwerpunkte zu setzen. Bislang jedoch, klagt AL -Umweltexperte Tietze, „gibt es in der AL keine Diskussion, was in den nächsten vier Jahren überhaupt machbar ist“. Was der SPD wie der AL noch fehlt, sei eine Abstimmung zwischen der Umwelt- und der Wirtschaftspolitik. Allein mit schärferen Kontrollen ist Umweltsündern unter den Unternehmern kaum beizukommen, weiß Tietze, der manche Boden - und Wasserverseuchung aufklären half, aus eigener Erfahrung.

Die Probleme seien zu vielfältig, die Mittel der Behörde zu dürftig, klagt ein AL-Politiker, der in der Umweltbehörde beschäftigt ist: „Es gibt zuwenig Geld, zuwenig Leute und auch noch die falschen Leute.“ Hartwig Berger kann sich „statt Umwelt“ deshalb auch vorstellen, daß die AL CDU -Senator Wronski im Ressort Verkehr und Betriebe beerbt. Ein BVG-Umweltticket beispielsweise sei rasch durchsetz- und vorzeigbar.

SPD-Meisner ist skeptischer. Er wartet auf den „ersten ADAC -Autokorso mit Unterstützung der BZ“. Da kann auch ein Verkehrssenator unter die Räder kommen. AL-Befürchtungen, die SPD wolle das Verkehrsressort popularitätsträchtig an die Umweltbehörde ankoppeln, kann Meisner deshalb zerstreuen. Ein Neuzuschnitt der Behörden könne sich eine neue Koalition jedweder Couleur angesichts des „Erfolgsdrucks, unter der sie steht“, überhaupt nicht leisten: die Behörden wären erstmal gelähmt. Ein AL-Mitglied mit Behördenerfahrung: „Dann beschäftigen sich die zwei Jahre lang nur mit ihrer Zimmergröße und den neuen Gardinen.“

hmt