„Nacht am Rhein“

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(Sonntag, 23 Uhr, ARD) „Köln gilt als das Zentrum für Musik und Malerei.“ Wenn ein Pressereferent der Stadt das sagt, kommt es dem Geltungsdrang der Kölner entgegen. Wenn Walter Bockmayer das sagt, sagt er es so süffisant, daß Nicht -Kölner den Dämpfer für das eitle Selbstbewußtsein der Stadt befriedigt registrieren und Kölner amüsiert über Bockmayers Finger in der Wunde Kulturmetrople schmunzeln können; denn es tut ja nicht weh, ab und zu eine Stichelei zu empfangen. Umso schöner, wenn sie von Walter Bockmayer kommt.

Walter Bockmayer - Schauspieler, Regisseur und Bühnenbesitzer, eine Kölner Lokalgröße also - hat sein „Theater in der Filmdose“ verlassen und einen Film gedreht. Keine zweite Geierwally und ganz ohne Sissi, obwohl sein Lieblingsschauspieler Ralph Morgenstern in der Philharmonie als Operndiva-Abklatsch einen Tupfer Travestie setzen darf.

Die Philharmonie, gleich nebenan das Museum Ludwig und der Dom, der Karneval und BAP, das fällt jedem gewöhnlich zu Köln ein. Und die Nachtseite? Bockmayers subjektive Sicht auf die „Nacht am Rhein“ bleibt im Naheliegenden stecken. Schafft er sich anfangs noch kritische Distanz, wenn er die literarischen Gehversuche des Oberstadtdirektors Kurt Rossa ironisiert, indem er ihm beim Rezitieren nicht aufs Gesicht schaut, sondern die Kamera auf die Schweißperlen zwischen den Speckröllchen im Nacken richtet, gleitet sein Streifzug durchs nächtliche Köln schnell in eine profane Sightseeing -Tour ab.

Köln ist eine von Seitenstraßen zerfaserte Stadt, aber Walter Bockmayer wagt nicht den Blick auf das Abseitige. Also doch wieder nur viel Philharmonie, ein paar Kneipen in Nippes und das Frühstück auf dem Großmarkt, wo der Kaffee so abgestanden ist wie der Tip, hier finde das wahre Kölner Nachtleben statt. Ein Musikvideo mit dem Schauspieler Udo Kier - überflüssig und mit dem Verdacht der Protektion behaftet - verstärkt den Eindruck, daß Walter Bockmayer auch nicht viel mehr eingefallen ist als dem Taxifahrer, der nicht weiß, wo er seine Fahrgäste nachts hinbringen soll in dieser „toten Hose“ von Stadt und sie deshalb dorthin fährt, wo mehr los ist. Nach Düsseldorf.

Christof Boy