Menschenrechtler im Hungerstreik

■ Bulgarische Menschenrechtler seit dem 11.Januar im Hungerstreik / Politische Führung wird langsam nervös

Wien/Berlin (afp/taz) - „Warum greift eine Schriftstellerin zum Telefon, um sich mit einer ausländischen Rundfunkanstalt zu verbünden, die unser Land und unser Volk verleumdet“, fragt sich der Autor eines Artikels in der bulgarischen Wochenzeitung 'Literatouren‘ über die bulgarische Schriftstellerin Blaga Dimitrowa.

Die hatte nämlich den „Sender Freies Europa“ in München angerufen und um Unterstützung für die bulgarischen Menschenrechtler gebeten, die seit dem 11.Januar im Hungerstreik sind. Es handelt sich dabei um rund achtzehn Intellektuelle, die mit dem Hungerstreik gegen „die fortgesetzten Schikanen des kommunistischen Regimes“ protestieren.

Prominenteste Teilnehmer sind der Journalist und Generalsekretär des „Unabhängigen Verbandes zur Verteidigung der Menschenrechte in Bulgarien“, Peter Manolov (50), sowie der Präsident der Menschenrechtsbewegung, Ilia Minev (71), die nach einem ärztlichen Bulletin in einem „gefährlichen Zustand“ sein sollen.

Am vergangenen 11.Januar waren dreizehn Personen, darunter Manolov, tagelang in Plovdiv inhaftiert gewesen, während eine Untersuchung gegen die Menschenrechtsbewegung lief. Bei einer Hausdurchsuchung in der Wohnung des Journalisten waren einige seiner Unterlagen und die Archive des Verbandes beschlagnahmt worden. Nachdem Manolov aus Protest gegen diese Maßnahmen in den Hungerstreik getreten war, wurde sein Telefon gesperrt, mit dem Ziel, ihn von der Außenwelt zu isolieren.

Die bulgarische Presse hat diese Woche ihre Angriffe gegen die Mitglieder der Menschenrechtsbewegung verschärft. Am vergangenen Dienstag hat das Parteiorgan 'Rabotnichesko Delo‘ den Verband als „illegale Formation ehemaliger Komplotteure einer faschistischen Organisation“ bezeichnet. Doch auch die Solidarität mit den Menschenrechtlern wächst: Sechzig Mitglieder des bulgarischen „Vereins zur Unterstützung von Glasnost und Perestroika“, der im vergangenen November gegründet wurde, haben eine Petition zur Unterstützung der Menschenrechtsorganisation unterzeichnet.

Für Blaga Dimitrowa ist dies nur ein kleiner Trost, denn die Warnung der Partei, den Konflikt nicht zu internationalisieren, ist durchaus ernst gemeint: „Es kann Irrtümer und Fehler bei der Regelung verschiedener Probleme geben, aber wir werden sie aus eigenen Kräften lösen, in unserem Land und unserem Volk“, heißt es in dem Artikel. Mit der Pressekampagne gelang das Gegenteil: Jetzt ist die Weltöffentlichkeit erst recht aufmerksam geworden.

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