Kalte Aussperrung mit Folgen

Bremer Landesarbeitsgericht verurteilte Firma zur Lohnnachzahlung für streikbedingte Kurzarbeit  ■  Aus Bremen Dirk Asendorpf

„Kalte Aussperrung“ nannte die IG Metall 1984 in den Auseinandersetzungen um die 35-Stunden-Woche, was Arbeitgeber außerhalb der umkämpften Tarifgebiete machten: Einführung von Kurzarbeit auch gegen das Votum des Betriebsrates mit dem Argument, der Streik verhindere den Materialnachschub. Am Donnerstag folgte das Bremer Landesarbeitsgericht der Gewerkschaftsmeinung und verurteilte die Bremer Werkzeug- und Maschinenbau GmbH zur Nachzahlung des vollen Lohns für die arbeitskampfbedingte Kurzarbeit im Jahr 1984.

Zwar ging es im Prozeß nur um die Klage einer einzigen Arbeiterin. Da der Prozeß jedoch als Pilotverfahren geführt wurde, löst das Urteil nun direkte Lohnzahlungsansprüche auch von 135 weiteren Beschäftigten der Bremer Firma aus, die damals von der Kurzarbeit betroffen waren. Als Begründung führte das Landesarbeitsgericht an, daß die Kurzarbeit im Jahr 1984 ohne ausreichende Beteiligung des Betriebsrates eingeführt worden war.

Den sogenannten „Franke-Erlaß“, der die Bundesanstalt für Arbeit im Jahr 1984 dazu verpflichteten sollte, für die „kalt Ausgesperrten“ kein Kurzarbeitergeld zu zahlen, konnte von der Gewerkschaft schon damals per einstweiliger Anordnung entschärft werden. Die Entscheidung des Bremer Landesarbeitsgerichts fast fünf Jahre nach den Streiks hat nun zur Folge, daß die Bundesanstalt für Arbeit jetzt von den betreffenden Arbeitgebern das damals dann doch ausgezahlte Kurzarbeitergeld zurückfordern kann.

Der Prozeßbevollmächtigte der IG Metall, Gewerkschaftssekretär Rainer Lehlbach zu dem Urteil: „Eine kalte Aussperrung kann nun sehr teuer werden, wenn nachher der volle Lohn für alle Arbeitnehmer nachgezahlt werden muß, ohne hierfür eine Arbeitsleistung in Anspruch genommen zu haben.“

Das Bremer Landesarbeitsgericht hat zwar Revision beim Bundesarbeitsgericht zugelassen, der Geschäftsführer der Bremer Firma, Klause, wußte gestern jedoch noch nicht, ob er von dieser Möglichkeit Gebrauch machen will. „Unsere Firma ist nicht dazu da, das bundesdeutsche Arbeitskampfrecht weiterzuentwickeln“, sagte er gegenüber der taz.

Er schätzt den nun nachzuzahlenden Betrag auf insgesamt rund 50.000 Mark.