„Recht für CSU-Spezln und Minister“

SPD beantragt Untersuchungsausschuß gegen Tandler / Angeblicher Konkursbetrug soll beleuchtet werden / Justizministerin Berghofer-Weichner greift in laufendes Verfahren zugunsten Tandlers ein  ■  Aus München Luitgard Koch

Mit dem Skandal um die dubiosen Grundstücksgeschäfte des bayerischen Finanzministers Gerold Tandler wird sich demnächst auch ein Untersuchungsausschuß im Bayerischen Landtag befassen müssen. Beantragt hat ihn die bayerische Landtagsfraktion der SPD.

Nach einem Bericht der Illustrierten 'Stern‘ vom Oktober 1988 ist der Altöttinger Postwirt in Konkurs- und Steuermanipulationen verwickelt. Aus der Konkursmasse des Erlanger Immobilienkönigs Günther Zembsch soll der gelernte Bankkaufmann Tandler Ende September '86 ein Grundstück mit Mietshaus im oberbayerischen Neuötting abgezweigt und auf ihn zurücküberschrieben haben. Bei dieser undurchsichtigen Transaktion hegt die SPD-Abgeordnete Carmen König den Verdacht, daß das Herauslösen des Tandlerschen Grundstücksbesitzes aus der Konkursmasse der Zembschen Bayern Immobilien-Treuhand BIT GmbH mittels eines zurückdatierten Treuhandvertrags abgewickelt wurde. Die Rückdatierung eines Vertrages ist zwar zunächst strafrechtlich irrelevant. Wird solch ein ominöser Vertrag jedoch vor Gericht, im Konkursverfahren oder bei der Steuerbehörde vorgelegt, handelt es sich um Konkursbetrug oder Steuerhinterziehung. Auffällig an dem Vertrag vom 3.Dezember 1985: das Treuhandpapier enthält eine Urkundennummer, die erst einen Tag später von einem Notar zugeteilt wurde.

Im Gerichtsstreit, den Tandler inzwischen gegen den 'Stern‘ begonnen hat, behauptet sein Anwalt dagegen, daß die Nummer nachträglich mit Schreibmaschine eingefügt worden sei. Zu einem anderen Ergebnis kam der Sachverständige für Maschinenschriften am Landeskriminalamt Stuttgart, Bernhard Haas: „Die Maschinenschriftuntersuchung ergab keine objektiven Befunde, die für eine nachträgliche Hinzufügung der Urkundenrollennummer... sprechen“. Die bayerische Staatsanwaltschaft sah jedoch keinen Grund, deshalb ein Ermittlungsverfahren einzuleiten.

Vielmehr schreibt die bayerische Justizministerin Berghofer -Weichner dem „lieben Gerold“ in einem Brief vom 31.Oktober dieses Jahres: „Auf Deine Bitte darf ich Dir folgendes bestätigen:... hat die Staatsanwaltschaft wegen des im Stern -Artikel geschilderten Sachverhalts kein Ermittlungsverfahren eingeleitet.“ Diesen Brief legte Tandlers Rechtsanwalt im Zivilgerichtsstreit gegen den 'Stern‘ vor. Dieselbe Ministerin, die sich vor dem Landtagsplenum zu den „Memminger Hexenprozessen“ nicht äußern wollte, um nicht in ein laufendes Verfahren einzugreifen, zeigte hier keine Hemmungen, ihrem „Kollegen“ einen „Persilschein“ auszustellen. Für die SPD stellt sich deshalb die Frage, ob Privatpersonen demnächst über die Frau Ministerin Auskünfte bekommen, die sie über die Staatsanwaltschaft nicht erhalten, oder ob im Falle des Herrn Tandler eine Sonderbehandlung vorliegt. Aber auch der Präsident des Bayerischen Landtags, Heubl, fühlte sich Ende November in Sachen Tandler bemüßigt, an das Gericht zu schreiben: Es sei in dieser Sache kein Untersuchungsausschuß des Landtags tätig. Und selbst Ministerpräsident Streibl griff zur Feder. Niemals habe er seinen Finanzminister vor die Wahl gestellt, „entweder die Sache aus der Welt zu schaffen oder die Konsequenzen zu ziehen“. Für den SPD -Oppositionsführer Hiersemann ist dieses Eingreifen von höchsten Repräsentanten in ein Zivilgerichtsverfahren ein weiteres Beispiel für „den schwarzen Filz in Bayern“. Für ihn steht eines fest: „In Bayern gibt es zweierlei Recht, eines für Otto Normalverbraucher und ein anderes für Minister und Spezln der CSU.“