Mogelpackung ging kampflos K.o.

■ Der Boxring Berlin gewann gegen Sparta Flensburg mit 18:0, weil sich die Gäste aus dem Norden verspäteten / Klassenerhalt gesichert / Dennoch: 642 Box-Fans sauer

Der Boxring Berlin wird auch im nächsten Jahr die Fäuste erstklassig fliegen lassen dürfen. Durch einen kampflosen 18:0 Erfolg über Sparta Flensburg, daß sich verspätete und nur dezimiert antrat, sicherte sich die Berliner Staffel den Klassenerhalt vorzeitig. Das war's dann auch, an positiven Nachrichten. Denn, was die 642 zahlenden Zuschauer in der Bruno-Gehrke-Halle für ihr Eintrittsgeld zu sehen bekamen, war kein Bundesliga-Fight, sondern eine Mogelpackung. Lediglich sieben Flensburger hatten die Reise nach Berlin angetreten, zwei von ihnen hatten zudem Übergewicht und gingen dadurch kampflos K.O. Im Bantam und im Leichtgewicht traten die Gäste von der Förde erst gar nicht an.

Und wenn die Veranstalter diese Sachlage per Lautsprecher an das Publikum weitergegeben hätten, wer weiß, was passiert wäre. Sie taten es nicht, ob aus Vorsicht oder aus Gründen des Verschleierns. Dennoch: Die Box-Fans waren sauer. Mehrmals wurde „Geld zurück“ gefordert, der Unmut mit mehreren Gläschen Bier hinuntergespült.

Auch die Tatsache, daß Sven Ottke, der Amateur-Boxer des Jahres, seinen Gegner total beherrschte und sicher bezwang, ergab lediglich mildernde Umstände. Von Rückenschmerzen geplagt sagte der 21jährige vierfache Deutsche Meister:„Für die Zuschauer tut es mir leid. Was meinen Kampf betrifft, so konnte ich, trotz mehrerer Spritzen, nicht meine volle Leistung bringen. Allerdings gefährden konnte mich mein Gegner nie.“

Zufrieden über die sportlichen Leistungen des Nachmittags äußerte sich Bundestrainer Wemhöner: „Obwohl ich mit Gusnick und Ottke nur zwei aus dem Kader der Nationalmannschaft beobachten konnte, bleibt ein positives Resüme: Beide sind doch gut drauf.“ Für den Länderkampf am kommenden Wochenende in Bochum gegen Ungarn und den Niederlanden nominierte der Bundes-Coach außerdem die Berliner Vural und Kuhl.

Mehr aus der Seele des zahlenden Fans redete Werner Papke, Trainer mehrer Profi-Boxer. Für ihn war der Kampf-Tag eine „Riesensauerei“, die Folgen haben müßten. Papke: „Die Flensburger kommen hierher und haben nicht mal die Absicht zu gewinnen. Das kann man mit einem Publikum nicht machen. Und die meisten Kämpfe hatten mit Box-Sport überhaupt nichts zu tun. Das waren doch Flitzpiepen.“ Zu recht fügte Papke, der einst Eberhard Dagge betreute, hinzu: „Nach diesem Mist hier, soll noch einmal irgendjemand etwas gegen unsere Profis sagen. Das wäre dann wirklich unsachlich.“

Auch Box-Präsident Hans-Peter Miesner erkannte zunächst den Ernst der Stunden. „So ein Team, wie die Flensburger, haben in der Bundesliga nichts verloren. Ein Frechheit, daß die uns so versetzt haben.“ Etwas später, als der Unmut die Halle schon verlassen hatte hörten sich Miesners Statements jedoch ganz anders an: „Eigentlich sind wir doch froh, die Klasse gehalten zu haben. Alles andere zählt nicht.“ Die Fans werden sich das merken, wenn sie demnächst wieder Eintritt zahlen sollen.

Holger Schacht