Zippys Kosmologie

■ Über Ron Manns „Comic Book Confidential“

Bill Griffith, ein Melancholiker, sitzt in einem häßlichen kleinen Sessel in einem häßlichen kleinen Wohnzimmer und sagt: „Man hat oft behauptet, Zippy wäre mein alter ego. Ich sehe das etwas anders. Er ist ein Teil von mir, wie ein Freund, den ich manchmal aufsuche, um zu sehen, was er treibt.“ Zippy: ein birnenförmiger Glatzkopf, ein stämmiger, freundlich blinzelnder Mann, ein Tor. „Freddy Feuerstein ist Gott, Fred Astaire sein Kopilot. Ich mein‘, das ist Zippys Kosmologie.“

Griffith sieht ihn durchaus kritisch. Aber Zippy ist unbeirrbar. Er geht durch die Welt, um Grundfragen zu stellen - „Hab‘ ich mein Sweatshirt richtig rum an?“ - und Wahrheiten zu sagen - „Wenn man lange genug in die Waschmaschine schaut, schaut irgendwann Jean-Paul Satre zurück.“

„Ich wußte, daß ich witzig sein kann“, sagt William M. Gaines so leise, daß man ihm ermutigend auf die Schulter klopfen möchte. Immerhin hat er das 'Mad Magazine‘ mitbegründet. Melancholisch wirken diese Comiczeichner und -schreiber fast alle, besonders aber die der zweiten und dritten Generation, die wie Robert Crumb, Art Spiegelman, Harvey Pekar und Griffith schon als Konsumenten zu ihrer Kunst gekommen sind. Auch bei den Frauen - Lynda Barry, Shary Flenniken, Sue Coe - verblüfft, wie das Freundliche, oft Schulmädchenhafte der Erscheinung mit der Gemeinheit der Bilder und Geschichten zusammengeht.

Comic Book Confidential ist kein besonders origineller Dokumentarfilm. Zuviele Talking heads, zu selten sieht man die Zeichner bei der Arbeit, kaum ein Blick auf die Industrie. Ron Mann hastet durch die Geschichte der Comics, von den Superhelden der dreißiger Jahre und des Weltkriegs über die Comicsverbrennungen und Zensurerlasse der Fünfziger und die Underground-Comics der Sechziger zu den Meta-Comics der Siebziger und Achtziger. Er läßt sich für die Bilder keine Zeit, statt dessen peppt er den Film mit gesuchten Comic-Effekten auf, unterlegt ihn mit Rockmusik und ist doch stets ängstlich beflissen, was ich subaltern finde. Aber für einschlägig Interessierte ist der Film Pflicht, und wer wie ich von Comics keine Ahnung hat, wird mindestens drei oder vier Autoren finden, für die es sich lohnt, die Buchläden zu durchstöbern.

thc

„Comic Book Confidential“ von Ron Mann, mit Robert Crumb, Stan Lee, Art Spiegelman, Sue Coe u.v.a., Kanada 1988.