Ein deutscher Vater

■ Zu Christian Baudissins Dokumentarfilm über Monika Ertl im Forum

Monika Ertl. Die Tochter des Abenteurers und Filmemachers Hans Ertl, die Gattin eines deutschen Ingenieurs in Bolivien, die Guerilla-Kämpferin in der Nachfolge Che Guevaras. Zusammen mit Regis Debray hat sie versucht, Klaus Barbie zu entführen, 'Onkel Barbie‘ - die Familien Altmann und Ertl kannten sich gut, lebte - von Interpol gesucht - im Untergrund und wurde 1973 von Barbies Leuten erschossen.

Zwar versammelt der Film sein Material - Interviews mit dem Vater, den Schwestern, einem Geschäftsmann, Guerilla -Kämpfern und Regis Debray reichlich brav und hausbacken und hält sich streng an die Chronologie, zwar bleibt Monika Ertl trotz der vielen Äußerungen über sie seltsam fremd, aber die Geschichten, die der Film erzählt, sind spannend genug. Der Vater mit weißem Bart sieht aus wie ein lieber alter, ein bißchen verrückter Bauer, aber wenn er sich über die Alliierten aufregt, die ihn nach dem Krieg aus gutem Grund nicht entnazifizierten, wenn er in einem Satz mit Stolz erzählt, wie gut Monika schießen konnte und daß nach der Auswanderung nach Bolivien ihre Menstruation aussetzte, wenn er berichtet, wie er seiner Tochter den bewaffneten Kampf ausreden wollte - „Die Polizisten und Soldaten hier in Bolivien sind doch von deutschen Soldaten ausgebildet worden“, also können sie nicht schlecht sein - stockt einem der Atem. Baudissin läßt ihn reden, kommentiert nicht, wertet nicht. Er zeigt auch den deutschen Geschäftsmann, der seit 1931 in Bolivien lebt - „das reichste Land der Welt, jedenfalls wirtschaftlich“ - der erzählt, wie schön Monika einerseits war und wie männlich erzogen andererseits und dabei gleichzeitig ungehalten eine Bolivianerin aus dem Bild scheucht - ganz der weiße Kolonialherr.

So erfahren wir vielleicht nicht ganz soviel über Monika Ertl, um so mehr dafür über den Nationalismus der deutschen Kolonie in Bolivien noch heute, über einen deutschen Vater, der seine Kinder zeitlebens im Stich ließ und lieber in den Urwald ging, der erleichtert war, als er die Nachricht von Monikas Ermordung hörte, weil er endlich wieder schlafen konnte, der sie aber trotzdem heiß und innig liebte. Er hätte sie jederzeit vor der Polizei versteckt. Baudissin erspart uns die Mühe nicht, damit klarzukommen, daß wir ihn mögen. Und daß wir uns dabei ertappen, seine Erleichterung über Monikas Tod zu teilen. Wäre sie lebend in Gefangenschaft geraten, wäre sie mit Sicherheit gefoltert und vergewaltigt worden. Das Szene-Publikum im Delphi war empört - der Film sei viel zu unpolitisch. Sie wollten ein Pamphlet - keine Bilder.

chp