Polizeischutz für „Papas Liebling“

Linkskatholiken trugen bei Meisners Amtseinführung in den Kölner Dom Trauer  ■  Aus Köln J.Nitschmann

Inmitten der protestierenden Katholiken vor dem von starken Polizeikräften weiträumig abgeriegelten Kölner Dom demonstriert eine kleine Gruppe familiäre Zusammengehörigkeit mit dem so umstrittenen Hauptdarsteller: „Hier steht Kardinal Meisners törichte Verwandtschaft“, heißt es auf dem Transparent, das die jungen TheologiestudentInnen ihrem neuen Familienoberhaupt auf seinem Weg zur Amtseinführung gut sichtbar entgegenhalten.

Doch der vom Papst in einem spektakulären Alleingang gegen den Widerstand des örtlichen Domkapitels als neuer Kölner Erzbischof durchgesetzte Kardinal Joachim Meisner (55) zeigt sich von dem riesigen Demonstranten-Pulk sichtlich unbeeindruckt. Als er am Sonntag nachmittag nach monatelangem Tauziehen endlich auf den seit annähernd 17 Monaten verwaisten Bischofsstuhl steigt, da ist er so fröhlich gestimmt, daß er den pfeifenden ProtestlerInnen mit seinem roten Kardinalskäppi ebenso freundlich zuwinkt wie den andächtigen Frauen der örtlichen Marienkongregation, die statt frecher Spruchbänder betend den Rosenkranz in der Hand halten.

Das Wort von der „törichten Verwandtschaft“ stammt von Meisner selbst. Der am vergangenen Donnerstag offiziell aus der DDR ausgebürgerte ehemalige Berliner Kardinal („Ich bin zur Zeit Vatikanbürger“) hatte es auf jene 163 Theologen gemünzt, die in einer vielbeachteten „Kölner Erklärung“ gegen die zunehmende Entmündigung des Kirchenvolkes durch den Vatikan aufgemuckt hatten. Für den neuen Kölner Erzbischof sind die Verfasser dieser Erklärung („Wider die Entmündigung - für eine offene Katholizität“) irgendwelche Menschen, „die sich Theologieprofessoren nennen und jedes Maß verloren haben“, eben „törichte Verwandte“.

Bei seiner Amtseinführung im Kölner Dom gibt sich der zu den erzkonservativen Hardlinern in der Kirchenhierarchie zählende Meisner zwar versöhnlicher („Ich strecke allen meine Hand entgegen...“), freilich rückt er von seinen inhaltlichen Positionen, die keinerlei Widerspruch gegen den Papst dulden und jegliche Kirchenkritik als „Angleichung an den Zeitgeist“ geißeln, keinen Millimeter ab. „Papas Liebling“, wie die Kölner ihren neuen Bischof wegen der offenkundigen Protektion durch den Papst rufen, wird sich mit den kritischen Christen kaum auf einen offenen Dialog einlassen.

„Nieder mit der unchristlichen diktatorischen Struktur unserer Kirche“, hieß es auf einem der vielen Spruchbänder. Als der neue Hausherr die Pforte des Kölner Doms betrat, ließen die über 1.000 DemonstrantInnen. Hunderte von schwarzen Luftballons in den verregneten Februarhimmel aufsteigen, „um zeichenhaft unsere Trauer und Resignation in alle Himmelsrichtungen zu schicken“, wie es auf einem von der linkskatholischen „Kirche von unten“ verbreiteten Flugblatt hieß. Einer der Demonstranten erflehte gegen die bockbeinigen Vatikan-Herrscher gar Zuspruch von allerhöchster Stelle: „Herr, gib's ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“