Die Strände bleiben leer

Sri Lankas Wirtschaft steht am Rande des Ruins. Der Schuldenberg ist auf über vier Milliarden US-Dollar angestiegen, die Schuldentilgung verschlingt fast 30 Prozent der Exporterlöse, die Arbeitslosenquote hat die 20 Prozent -Marke überstiegen. Die Erträge der Landwirtschaft sind rückläufig, und ausländische Investitionen bleiben aus.

Hart trifft es vor allem die Tourismusindustrie. „Für 1989 rechneten wir mit 300.000 Touristen“, sagt Asger Moosajee, Chef der Tourismusbehörde. „Aber nach den Vorfällen der letzten Monate sind wir natürlich nicht mehr so optimistisch“, fügt er enttäuscht hinzu. Der bisherige Tiefpunkt war erreicht, als Ende letzten Jahres Tausende von Touristen aus Europa wegen Drohungen der JVP aus den Badeorten entlang der Südwestküste evakuiert und in die Heimat zurückgeschickt werden mußten. Und bundesdeutsche Reiseunternehmen schicken seitdem gar keine Kunden mehr in das einstmals so beliebte Tropenparadies. Ab dem 21.März führen sie Sri Lanka zwar wieder im Programm - aber ob dann tatsächlich wieder Chartermaschinen von Düsseldorf und Frankfurt nach Colombo starten werden, wird von den morgigen Parlamentswahlen und der Zeit danach abhängen: davon, ob das gegenseitige Morden auf singhalesischer und tamilischer Seite aufhört.

Mit dem Tourismus geht es schon seit Jahren bergab. 1983 wurden die ausländischen Gäste durch landesweite Pogrome gegen Tamilen aufgeschreckt; später waren es die Hotels in den tamilischen Landesteilen, vor allem im Osten der Insel, die wegen militärischer Auseinandersetzungen zwischen tamilischen Rebellen und den Streitkräften schließen mußten. Viele der Hotels entlang der malerischen Strände wurden zerstört oder flugs zu Kasernen beziehungsweise zu Guerillastützpunkten umfunktioniert. Jetzt haben die Aktivitäten der nationalistischen Singhalesen-Partei JVP auch die Touristenzentren im Südwesten der Insel unsicher gemacht.

1982 besuchten noch über 400.000 Touristen, vor allem aus Westeuropa und aus Indien, das Land - 1987 waren es gerade noch 182.000. Und nach den vorliegenden provisorischen Zahlen werden es 1988 nicht mehr gewesen sein. Der Rückgang der Buchungen geht mit Einnahmeverlusten von 62 Prozent einher. 1988 dürfte das Land umgerechnet nur 120 Millionen Mark aus dem Geschäft mit Touristen erzielt haben.

Verglichen mit den Strandhotels im Süden ist die Lage in Colombo weniger katastrophal, auch wenn die Auslastung der Hotels stark zurückgegangen ist. Entlang der Westküste stehen viele Hotels leer - hier sind es allenfalls einige wenige Srilanker, Mitarbeiter ausländischer Botschaften oder Geschäftsleute, die sich für ein Wochenende von den Sonderangeboten anziehen lassen. Einige der Luxusherbergen haben ganz geschlossen, weil durch Sabotageakte der JVP die Wasser- und Stromversorgung zusammengebrochen ist. Oftmals hat die JVP den Beschäftigten im Hotelgewerbe die Arbeit unter Androhung von Repressalien verboten. „Wir werden tyrannisiert und in große wirtschaftliche Not gestürzt“, sagt ein derzeit arbeitsloser Kellner.

Die schlechte Lage im Tourismusgewerbe führt nicht nur zu verminderten Deviseneinnahmen des Staates: Hart trifft das Ausbleiben der Ausländer auch die zahlreichen Zulieferbetriebe und Tausende kleiner Geschäftsleute, die Obst, Gemüse oder Fisch an die Hotels verkaufen. Auf etwa 30.000 wird die Zahl derer geschätzt, die indirekt von dieser Industrie abhängig sind; hinzu kommen 25.000 direkt im Touristikbereich Beschäftigte.

Ihre Lage schätzt der Chef der Tourismusbehörde, Moosajee, so ein: „Die Beschäftigten sind in der Tat in einer äußerst schwierigen Situation. Obwohl viele Hotels zumindest ihre Festangestellten weiter bezahlen, haben sie große Einkommensverluste.“ So verdiene ein Kellner monatlich umgerechnet etwa 60 Mark, seine Einkünfte aus Trinkgeldern und der zehnprozentigen Bedienungszulage machten jedoch ein Vielfaches des Grundgehaltes aus. „Ohne Gäste kein Trinkgeld und keine Bedienungszulage“, fügt Moosajee hinzu.

Walter Keller