Neonazis entwerfen „Freiheitscharta“

■ Michael Kühnen, Gründer der neuen „Initiative Volkswille“, schreibt an Bundesinnenminister Zimmermann / Volksabstimmung über rechtsradikale Forderungen verlangt / Kühnen träumt von „Machtübernahme“

Frankfurt (taz) - Der „Wahlkampfleiter“ und geistige Führer der verbotenen „Nationalen Sammlung“ (N.S.), Michael Kühnen, hat mit seiner neuen neofaschistischen Gruppe mit dem Namen „Initiative Volkswille“ eine „Freiheitscharta 1989“ entworfen, die „dem deutschen Volke unterbreitet“ werden soll. Darin fordern Kühnen und sein Ex-N.S.-Spitzenkandidat für Langen, Heinz Reisz, die „völlige Freiheit bei Partei und Organisationsgründungen“ sowie eine sofortige Beendigung der „politischen Verfolgung von Systemkritikern“. Darüber hinaus soll Schluß gemacht werden „mit der Zensur von Büchern und Publikationen“ und mit der „Verfolgung von Parteien und Organisationen“. Ziel der „Initiative Volkswille“ sei es, das Volk über die Forderungen der „Initiative Volkswille“ abstimmen zu lassen. Die Charta soll deshalb „zehntausendfach in Deutschland verteilt“ werden mit Rücksendeabschnitt.

In einem offenen Brief an Bundesinnenminister Zimmermann (CSU) schreibt Kühnen von seinem „Opfergang“ durch die Gefängnisse, in die er nur wegen seines „Bekenntnisses zum Nationalsozialismus“ gekommen sei. Mit dem Verbot der N.S. habe sich der „depperte Bua“ Zimmermann selbst blamiert „und im Namen der Demokratie eine Bankrotterklärung abgegeben“. Kühnen: „Man kann Organisationen verbieten, aber man kann keine Ideen verbieten und nicht die Personen, die hinter diesen Ideen stehen.“ Kühnen und seine „Kameraden“ wollen ihren offenen Brief an Zimmermann „insbesondere in Langen und in Frankfurt“ verteilen, weil dort die WählerInnen durch das N.S.-Verbot an der Wahlteilnahme gehindert und so „um die freie Wahl betrogen“ wurden.

Kühnens eigene Entwürfe für die Zeit nach der „Machtübernahme“ beinhalten allerdings andere Ziele als die jetzt in der „Freiheitscharta“ formulierten. Gegenüber 'Pflasterstrand‘ sprach Kühnen gestern in Frankfurt von „Umerziehungslagern für Andersdenkende“ und von einem „Verbot aller Oppositionsparteien“. Im „neuen nationalsozialistischen Staat“ verkörpere die Partei dann ohnehin den „Volkswillen aller Deutschen“.

kpk