Winnie Mandela unter Beschuß

Frau des ANC-Führers Nelson Mandela soll an Entführung von Jugendlichen aus Soweto beteiligt sein  ■  Aus Johannesburg Hans Brandt

Erneut hat jetzt ein Rechtsanwalt seine Arbeit für Winnie Mandela, der Frau des inhaftierten ANC-Führers Nelson Mandela, eingestellt.

Der Rücktritt von Krish Naidoo als Rechtsberater von Winnie Mandela folgt auf eine seit Wochen anhaltende Kontroverse über den sogenannten „Mandela Fußballklub“, eine Gruppe von Jugendlichen, die als Leib- und Hauswächter der Mandela -Ehefrau auftreten. Die Johanesburger Wochenzeitung 'Sunday Star‘ zitierte am Sonntag Informanten, denen zufolge Winnie Mandela sich an der Mißhandlung des 14-jährigen Aktivisten „Stompie“ Moeketsi Seipei beteiligt hatte.

„Stompie“ war angeblich von Mitgliedern des „Mandela Fußballklubs“ Ende Dezember zusammen mit drei anderen aus einer Kirche in Soweto entführt worden. Während die drei anderen Mitte Januar freigelassen wurden, wird er noch immer vermißt. Es wird befürchtet, daß er ermordet wurde. Berichte vom Wochenede, daß seine Leiche gefunden wurde, haben sich bisher nicht bestätigt.

Dem 'Sunday Star‘ zufolge wurden die vier entführten Jugendlichen in Winnie Mandelas Haus in Diepkloof Extension, einem vergleichsweise luxuriösen Vorort von Soweto, gebracht. Frau Mandela habe ihnen vorgeworfen, sich von einem methodistischen Priester sexuell mishandelt haben zu lassen. Schwarze in Soweto haben diese Vorwürfe untersucht und ebenso zurückgewiesen wie die vier Entführten.

„Frau Mandela ging in ihr Schlafzimmer und holte einen Schambock (eine Art Peitsche - d. Red.), mit der sie Stompies Gruppe schlug“, heißt es wörtlich in der Zeitung. „Dann gab sie der 'Fußballmannschaft‘ den Auftrag, sich der Gruppe anzunehmen.“

Damit habe sie ein Geständnis erzwingen wollen. Drei der Entführten gaben angeblich dem Druck nach, nur „Stompie“ weigerte sich und soll Fortsetzung auf Seite 2

deshalb besonders schwer geschlagen worden sein.

Die Zeitung brachte die Entführung von „Stompie“ auch in einen Zusammenhang mit der Ermordung des prominenten oppositionellen Arztes Dr.Abu-Baker Asvat, der Ende Januar in seiner Praxis in Soweto erschossen worden war. Der Zeitung zufolge soll Asvat am Tag der angeblichen Mißhandlung der Jugendlichen Winnie Mandelas Haus aufgesucht haben. Dort habe er den schwer verletzten „Stompie“ untersucht und seine Befürchtung geäußert, daß er nicht überleben

werde. Am darauffolgenden Tag soll Asvat der Zeitung zufolge ermordet worden sein.

Winnie Mandela hat indessen angekündigt, daß sie gerichtlich gegen die Zeitung vorgehen wolle, um die „abfälligen, beleidigenden und rufschädigenden Beschuldigungen“ zu widerlegen. Sie beschrieb die Berichte als „vollkommene Lügen“. Der „Mandela Fußballklub“ sei schon vor einiger Zeit aufgelöst worden, sagte Winnie Mandela. Sie bestritt auch, daß es in ihrer Ehe mit Nelson Mandela nach den jüngsten Berichten zu Spannungen gekommen sei.

Winnie Mandela, die als Sozialarbeiterin tätig ist, hatte die etwa 30 arbeitslosen Jugendlichen in den „Fußballklub“ aufgenommen, um sie zu beschäftigen. Sie wurden wiederholt beschuldigt, ihre Verbindung mit der Frau des berühmtesten Oppositonsführes in Südafrika mißbraucht zu haben. Im August letzten Jahres wurde Winnie Mandelas früheres Haus abgebrannt, nachdem Schüler aus Soweto gegen die angebliche Vergewaltigung einer Mit

schülerin durch Mitglieder des „Mandela Fußballklubs“ protestiert hatten.

Der damalige Anwalt von Winnie Mandela, Ismail Ayob, gab dann seine Arbeit für sie auf. Angeblich hatte Ayob schon protestiert, als bekannt wurde, daß Winnie Mandela für mehrere hunderttausend Mark eine Luxusvilla in Soweto gebaut hatte. Ayob vertritt jedoch nach wie vor Nelson Mandela.

Die Kontroverse um den „Mandela Fußballklub“ hat zu heftigen Diskussionen in der Opposition in Südafrika geführt. Prominente Oppositionsführer und Kirchenleute bildeten Ende letzten Jahres das „Mandela Krisenkomitee“, um mit Winnie Mandela zu verhandeln. Die Kontroverse wurde öffentlich, als die oppositionelle Wochenzeitung 'Weekly Mail‘ Ende Januar erste Einzelheiten über die Entführungsvorwürfe berichtete.

Die südafrikanische Regierung hat Ende letzter Woche einen hochrangigen Kriminalbeamten angestellt, um die Vorwürfe gegen den „Fußballklub“ zu untersuchen.