Rentenreform: SPD „kann sich nur schämen“

■ Bremer SPD-Landesvorstand lehnt Bonner SPD/CDU-Kompromiß für Rentenreform strikt ab / Keine Unterschrift von Sozialdemokraten“ / Grüne Sozialpolitikerin Beck-Oberdorf hatte „SPD-Spagat“ schon im September vorausgesagt / „Scherf sollte sich schämen“

„Dieser Rentenkompromiß ist gar keiner“, „unter diese vorgebliche Reform darf keine Unterschrift von Sozialdemokraten“ - so kräftig distanzierte sich gestern die Bremer SPD von der Rentenpolitik ihrer Bonner Mutter-Partei. „Nachdrücklich“ richte sich die Kritik auch gegen die eigene Verhandlungsdelegation, d.h. insbesondere doe SPD-Politiker Dreßler und Heyenn. Es sei ein „fadenscheiniger Kompromiß“, die CDU könne mit SPD-Stillhalten „einen weiteren elementaren Eckpfeiler der sozialen Sicherung demontieren.“

Was den Bremer Sozialdemokraten insbesondere mißfällt: Gegen das Parteiprogramm haben die Bonner SPD -Sozialpolitiker nichts für Langzeitarbeitslose und Sozialhilfe-Empfänger erreicht. Das Rentensystem sollte nach SPD-Beschluß vom Münsteraner Parteitag durch eine „Grundsicherung“ sozialstaatlich ergänzt werden. Bezahlt werden sollte das über eine „Wertschöpfungsabgabe“ (kurz: Wer rationalisiert, soll sich an der Rente der arbeitslos Gemachten beteiligen.)

Wie die „Unschuldd vom Lande“ führe sich die Bremer SPD und vor einigen Tagen der Sozialsenator Henning Scherf auf, kommentiert die Bremer grüne Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck-Oberdorf die Kritik in den SPD-Reien. Während der monatelangen Verhandlungen der sei in Bonn keine abweichende SPD-Position erkennbar gewesen.

Schon im vergangenen Semptember, wenige Wochen nach dem Münsteraner Parteitag, hatte Beck-Oberdorf in einer Bundestags-Debatte erklärt: „Der Parteitag (der SPD, d. Red.) hat soeben die Idee der Grundsicherung festgeschrieben (Zwischenruf des Sozialpolitiker Andres (SPD): 'Das macht Euch schwer zu schaffen‘), und die Damen und Herren der Fraktion buhlen bereits um die Aufnahme in den großen Kompromiß derer, die jede Form einer Grundversorgung ablehnen - ein typischer SPD-Spagat.“ Das Bundestags-Protokoll 1988 vermerkt erneut Zwischenrufe gegen die grüne Rednerin. Der Sozialpolitiker Heyenn rief: „Wo haben Sie denn das gelesen? “, Dreßler rief: „O Gott o Gott. Weitere Rufe von der SPD.“

Die „durch und durch systemkonservative Rentenreform“ der CDU ist drei Monate später von der SPD unterschrieben worden, kritisiert Beck-Oberdorf, „kein einziges neues Element“ sei darin. Sogar die geringfügige Sockelung, die die SPD als Verhandlungserfolg herauskehren wolle, betreffe nur Menschen, die 35 Jahre lang rentenversicherungs -pflichtig gearbeitet haben. Die Renten orientieren sich nach wie vor allein am „männlichen Normalarbeiter mit einer Berufsbiografie von 45 Jahren“.

„Da bei Zunahme von Teilzeitarbeit, Flexibilisierung und Arbeitslosigkeit dieser Maßstab für immer mehr Menschen eine Fiktion ist, wird es weiterhin Armut imm Alter geben - erst recht und vor alle für Frauen“, kritisiert Beck-Oberdorf. Die Betroffenen haben keine Lobby - die Verbände der Rentenversicherung vertreten die Beitragzahler wie der DGB es wäre Aufgabe einer sozialstaatlich handelnden Partei, den „Sprung nach vorn“ zu wagen. gewagt und als politischen Willen zu formulieren, daß nei aller Orientierung am persönlichen Erwerbseinkommen die Gesellschaft sich darauf verständigen muß: „Alte Menschen sollen nicht in Armut leben. Punkt.“

Beck-Oberdorf zu Scherf und zur Bremer SPD: „Er kann sich einfach nur schämen für seine Partei. Und jetzt so zu tun, als ob da noch was zu drehen wäre... Ich erlebe in Bonn, daß die Reihen der SPD fest geschlossen sind. Ich erlebe nicht einen einzigen Haarriß in dieser Frage.“

K.W.