Trauma Afghanistan, 13.Februar, 21.15 Uhr, ARD

(Afghanistan, 13.Februar, 21.15 Uhr, ARD) Ich muß gestehen, das hatte ich nicht erwartet. Diese Offenheit, mit der die russischen Soldaten vor der westlichen Kamera über ihren Einsatz in Afghanistan berichteten, mit der sie mit ihrem falsch verstandenen Pathos abrechneten, mit dem Heroismus, mit dem die Helden von gestern noch immer in den Schulen herumgereicht werden, das hatte für einen, dem die Sprechblasenakrobatik DDR-Offizieller in den Ohren liegt, schon etwas Erschütterndes an sich. „Wir glaubten, etwas Menschliches, etwas Positives zu tun“, sagt einer, der dabeigewesen ist, „daß es absurd war, das wollte nicht in unseren Kopf.“ Die Bilder der rekonvaleszenten Soldaten, wie sie die Darbietung einer Sängerin verfolgten, der Schwenk der Kamera auf diejenigen, die im Bett liegend, das weiße Laken über den Kopf gezogen, teilnahmslos dem Lied lauschend, diese Bilder bedurften keiner Kommentierung. Oder wenn selbst ein ranghoher General der sowjetischen Armee, ich sage GENERAL, davon spricht, daß diese Lektion den Russen noch in 30 Jahren in Erinnerung sein wird, dann ist diese Offenheit, mit der hier auf das falsche Engagement hingewiesen wird, schon hart an der Grenze, wo der westliche Kritikaster vorschnell Taktik vermutet. Doch das ist falsch, was in den gezeigten Interviews offensichtlich wurde, auch in der Freizügigkeit, mit der die Kamera sich bewegen konnte, das war Perestroika und Glasnost pur. Und wenn ein anderer vom Haschisch berichtet, das täglich, außer in Zeiten, in denen man im Lazarett lag, geraucht wurde, nicht zuletzt da wurde der schmutzige Krieg von Vietnam wieder gegenwärtig, der die Amerikaner aus ihren Allmachtsphantasien gerissen hatte. Dieser Bericht von Peter Kosminsky hat klar gemacht, daß nicht nur der verlorene Dschungelkrieg gegen die Vietkong für die Weltmacht Amerika zu einem Trauma geworden ist, sondern daß auch Afghanistan bei den Russen eine ebensolche wunde Gerissen hat. Bleibt zu hoffen, daß die Zeit der Trauer länger anhält als diejenige, die vom Reagan-Taumel beendet wurde.

ks