Überraschende Wende im North-Prozeß

Die Anwälte des ehemaligen Geldbeschaffers für die Contra behaupten, Reagan und fünf hohe Mitarbeiter seien „persönlich und direkt“ verwickelt gewesen / Hat North noch mehr preiszugeben, falls das Verfahren gegen ihn weitergeht? / Auch die BRD mit von der Partie?  ■  Aus Washington S.Schaaf

Im Verfahren gegen Oliver North, die wichtigste Figur im Iran-Contra-Skandal in den USA, ist es am Montag zu einer überraschenden Wendung gekommen. Norths Anwälte behaupteten, Ex-Präsident Reagan und fünf hohe Mitarbeiter seiner Administration seien „persönlich und direkt“ an Bemühungen beteiligt gewesen, Drittländer für deren Unterstützung der antisandinistischen Contras zu belohnen.

Sie gaben damit einen Vorgeschmack auf die Staatsgeheimnisse, die North im Rahmen seiner Verteidigung zu enthüllen droht, obwohl die wichtigsten Anklagepunkte gegen ihn bereits fallengelassen wurden. Norths Anwälte beharren darauf, daß ein fairer Prozeß nur unter Berücksichtigung der gesamten Umstände möglich sei. Diese seien der Jury nur unter Verwendung geheimer Unterlagen darzulegen. Die Fernsehgesellschaft CNN berichtete am Montag abend ergänzend, es gebe auch Hinweise auf andere, bisher nicht genannte Länder, die in den Iran-Contra-Skandal verwickelt seien - darunter auch die BRD.

Die North-Anwälte wollen über die Bush-Administration Druck auf die Ankläger ausüben, damit ihrem Mandanten doch noch ein Strafprozeß erspart bleibt. Die neue Regierung hat in den letzten Tagen recht unverhüllt versucht, das Verfahren gegen North abzuwürgen, scheiterte aber bisher am Widerstand des Sonderanklägers Walsh. Justizminister Thornburgh forderte von Richter Gesell, die Prozedur, mit der Geheimdokumente in die Gerichtsverhandlung eingeführt werden können, erheblich zu komplizieren. Als der Richter dies ablehnte, versuchte Thornburgh, eine Entscheidung des Obersten Gerichts (Supreme Court) zu erzwingen.

Doch am Sonntag abend kam es überraschend zu einem Kompromiß zwischen Thornburgh und Walsh, über den Gesell bis gestern nachmittag entschieden haben wollte. Norths Anwälte beschuldigten Reagan, dessen Verteidigungsminister Weinberger, Ex-Außenminister Shultz, Ex-Sicherheitsberater McFarlane, den verstorbenen Ex-CIA-Direktor Casey und den früheren Chef der US-Generalstäbe, John Vessey, sie seien in die Finanzierung der Contras durch Drittländer verwickelt gewesen, obwohl der Kongreß ein Verbot jeder US-Hilfe an die Antisandinisten verhängt hatte. Schon der frühere Sicherheitsberater Poindexter hatte bei Kongreß-Anhörungen 1987 angegeben, daß Reagan diese Arrangements befürwortet habe. Neu ist allerdings die Behauptung, Reagan sei selbst an der Organisierung der „Gegenleistungen“ für die „Gefälligkeiten“ beteiligt gewesen. North-Anwälte erklärten, mehrere Länder seien für ihre Hilfeleistungen von den USA belohnt worden, ein Land in einer Weise, die North auf keinen Fall offenlegen wollte. Vor Kongreßausschüssen habe er nur die Unwahrheit sagen können, womit er sich strafbar gemacht habe.

In den Anhörungen des Iran-Contra-Untersuchungsausschusses im Sommer 1987 war bekannt geworden, daß Mitarbeiter des Nationalen Sicherheitsrates, darunter North, Gelder von Drittländern erbeten hatten, die über Konten in Übersee in die Hände der Contra gelangt waren. So zahlte Saudi-Arabien 1984 und 1985 insgesamt 32 Millionen Dollar, der Sultan von Brunei überwies zehn Millionen, die angeblich auf einem falschen Konto landeten.

Das vor allem von konservativen republikanischen Ausschußmitgliedern getragene Minderheitsvotum sagt: „Es ist wichtig anzumerken, daß es in den Unterlagen des Komitees keinerlei Hinweis darauf gibt, daß die Zahlungen dieser Drittländer mit Entschädigungen in irgendeiner Form verknüpft waren.“ Norths Anwälte haben nicht durchsickern lassen, welche Formen die Danksagungen der Reagan -Administration an die Contra-Unterstützerländer angenommen haben.