Skandinavien gegen „Modernisierung“

Genf (taz) - Der bundesdeutsche Widerspruch gegen eine vor allem von den USA und Großbritannien geforderte ausdrückliche Entscheidung zur „Modernisierung“ atomarer Kurzstreckenwaffen auf dem diesjährigen Nato-Gipfeltreffen erhält jetzt öffentliche Unterstützung aus Dänemark und Norwegen. Der dänische Außenminister Uffe Ellemann-Jensen erklärte nach dem Treffen mit seinem US-amerikanischen Amtskollegen James Baker in Kopenhagen: „Wir in Dänemark stimmen mit den Bundesdeutschen überein, daß es nicht klug wäre, Druck auszuüben. Das würde auch Probleme mit den Dänen schaffen.“ Norwegens Premierministerin Gro Harlem Brundtland bezweifelte ebenfalls, daß es klug sei, jetzt eine solche Entscheidung durchzusetzen. Oberste Priorität der Nato müsse jetzt die Überprüfung der eigenen Strategie im Hinblick auf die Ost-West-Beziehungen sein.

Das Nato-Gipfeltreffen wird entgegen bisherigen Planungen nicht in London, sondern Ende Mai in Brüssel stattfinden. Dies meldeten britische Medien gestern unter Berufung auf Regierungskreise nach dem Besuch von US-Außenminister Baker in London. Damit setzte sich Premierministerin Thatcher nicht durch mit ihrem seit der Wahl von US-Präsident Bush im November 88 vorgetragenen Wunsch nach einem Gipfeltreffen inklusive „Modernisierungs„beschluß nebst 40-Jahrfeier der Allianz in London. Auch Kanzler Kohls Hoffnung auf eine Jubiläumsfeier in Bonn, mit der die Bundesregierung unter Vermeidung einer „Modernisierungs„entscheidung dennoch Bündnistreue demonstrieren wollte, erfüllte sich nicht. Gegen den Tagungsort London votierte auch Frankreich, dem eine allzu dominante britische Rolle unter den westeuropäischen Bündnispartnern suspekt ist. Die Nato hoffe mit dem noch genau festzulegenden Datum Ende Mai etwaigen neuen Abrüstungsinitiatven Gorbatschows bei seinen Besuchen im Juni in Bonn und im Juli in Paris zuvorzukommen, hieß es nach dem Treffen Baker-Thatcher in London.

Andreas Zumach