: Und sie fliegen doch tiefst
■ Tieffluggegner widerlegen Luftwaffe: In der Schwäbischen Alb wird unterhalb von 75 m geflogen
Berlin (taz) - Entgegen allen bisherigen Angaben der Luftwaffenverantwortlichen finden in der Bundesrepublik auch sogenannte „Tiefstflüge“, das heißt Flugbewegungen unter der vorgeschriebenen Sicherheitsmindesthöhe von 75 Metern statt. Das geht aus den 'Nachrichten für Luftfahrer‘ hervor, die von der Bundesanstalt für Flugsicherung herausgegeben werden. In der Ausgabe vom 9.Februar wird dort „ab sofort bis zum 31.Dezember“ für das Tieffluggebiet „Area 7“ eine Flugstrecke am Hesselberg unter dem Titel „Flüge mit Strahlflugzeugen unterhalb der Sicherheitsmindesthöhe“ aufgeführt.
Die Bundeskoordinierungsstelle der Tiefflug-Gegner in Biebelnheim, die gestern den Sachverhalt aufdeckte, sieht damit die früheren Erklärungen des Verteidigungsministeriums der Lüge gestraft. Das Verteidigungsminsiterium hat noch am 16.Juni vergangenen Jahres behauptet, „die Flughöhe von 75 Meter über Grund ist ... durch Strahlflugzeuge auf keinen Fall zu unterschreiten“.
Luftwaffensprecher Oberstleutnant Peters wollte gestern den Fall tiefhängen. Auf der etwa 30 Kilometer langen Flugstrecke findet nach seinen Angaben kein regelmäßiger Flugverkehr statt. Sie sei für Testprogramme des Tornado -Herstellers MBB reserviert, und die Flugbewegungen hätten „nichts mit den militärischen Tiefflugprogrammen zu tun“. Die „Teststrecke“ wenige Kilometer von Nördlingen gebe es schon seit 1984.
Jetzt würden auch juristische Schritte, erklärte das Koordiernierungsbüro, denn mittlerweile müsse man sagen, „daß der größte Rechtsbrecher, den es in der Bundesrepublik gibt, die Bundesluftwaffe ist“.
Die Tieffluggegner haben in internen Unterlagen der Luftwaffe auch eine weitere Vorschrift gefunden, die einen Tiefstflug bis zu 30 Metern zuläßt. In der Zentralen Dienstvorschrift 19/2 - einer Verschlußsache - ist sowohl für die bundesrepublikanischen als auch die alliierten Luftstreitkräfte geregelt: „Bei Flügen zur Darstellung von BC-Angriffen (bakteriologische und chemische Sprüheinsätze) kann die Mindestflughöhe über bundeseigenem, unbewohntem Gelände bis auf 100 ft GND (etwa 30 Meter, die Red) verringert werden“.
Wolfgang Gast
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen