Wenn er könnte, wie er wollte...

■ In der Hoffnung auf einen „glücklichen Wahlausgang“ formulierte Turner Vorschläge zur Mitbestimmung, die an den Unis für feudalistische Verhältnisse gesorgt hätten

Turners Antwort auf die StudentInnenproteste - dieser Kelch wird nun an den Universitäten vorübergehen. Im Januar - noch im Zustand der sicheren Hoffnung auf einen „glücklichen Wahlausgang“ - hatte Turner sie bereits formuliert (nachzulesen im neuen FU-Info). Obwohl er seine Idee jetzt nicht umsetzen kann, sind sie als Antwort auf die StudentInnenproteste bezeichnend für die Reaktionsmuster konservativer Politik: Forderungen werden scheinbar aufgegriffen, tatsächlich jedoch in ihr Gegenteil verkehrt. Zum Beispiel die Forderung nach mehr Mitbestimmung.

Turner nimmt sie als Aufhänger - um allen Ernstes eine Hochschulreform vorzuschlagen, die unter wohlfeilen Floskeln die Reste noch existierender Mitbestimmung beseitigt und die alte Ordinarienuniversität erst richtig wieder zum Leben erweckt. Bayern und Baden-Württemberg mit deren vordemokratischen Hochschulstrukturen preist er als Vorbild für sein „Repräsentanzmodell“ an.

Turners Reformidee setzt bei den Direktorien der Wissenschaftlichen Einrichtungen an. Anstelle der Rückkehr von StudentInnen, AssistentInnen und Dienstkräften in die Direktorien schlägt Turner deren Abschaffung vor. Statt dessen solle ein Institutsdirektor allein den Laden führen. Der könne sich ein Beratergremium halten, in dem auch StudentInnen sitzen dürften. Der nächste Schritt: In die Fachbereichsräte sollten „Repräsentanten der wissenschaftlichen Einrichtungen“ entsandt werden. Drei Mal darf geraten werden, welche Statusgruppe die Repräsentanten stellen sollte.

Schließlich der Akademische Senat (AS): Viertelparität fordern die StudentInnen. Turners Antwort: Die Fachbereiche müssen besser vertreten sein und deshalb anstelle von nur vier Dekanen als „Fächergruppensprecher“ gleich alle Dekane im Akademischen Senat sitzen. FU und TU haben je 22 Fachbereiche. Wirksamer könnte die Zahl der ProfessorInnen im AS nicht erhöht werden - der konservativen zudem, da die Mehrzahl der Fachbereiche konservativ ausgerichtet ist. Schon die Einführung der „Fächergruppensprecher“ war eine Erfindung des CDU-Senates, um die Zahl der ProfessorInnen im AS zu erhöhen.

Als Zielvorstellung formuliert Turner eine „durchgängige Verantwortlichkeit von unten nach oben“ - mit anderen Worten: eine stramme Hierarchie, in der von oben nach unten durchregiert werden kann. Das wäre die Hinwendung zu feudalistischen Verhältnissen an der Universität: Der Senator gebietet über ein hierarchisch sauber gestuftes Volk universitärer Untertanen.

Dies auf dem Höhepunkt des Streiks präsentiert: Plastischer hätte Turner nicht vorführen können, wie ein konservativer Politiker auf die Herausforderung einer Bewegung reagiert. Da wird Reform zur Reaktion: Die Bewegung wird zum Anlaß für eine Reform genommen, die nicht danach fragt, welche Mißstände zu beseitigen sind - sondern, wie die Strukturen noch besser gegen jedes Aufbegehren abgedichtet werden können.

Schon bei der letzten Hochschulgesetznovellierung argwöhnten Beobachter, daß sie womöglich nicht der letzte Streich konservativer Gegenreform sei. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß Turner bei seiner Antwort auf die StudentInnenbewegung aus Papieren zitiert hat, die längst in den Schubladen der Wissenschaftsbürokratie liegen. Auch wenn sie jetzt daraus nicht hervorgeholt werden können: verschwinden werden sie nicht, nur zwischengelagert - in der Erwartung eines „glücklicheren Wahlergebnisses“ in Zukunft.

wist